London (dpa) - Der russische Multimillionär Oleg Tinkow hat Ex-Toursieger Bjarne Riis die WorldTour-Lizenz für dessen Saxo-Bank-Radrennstall abgekauft.
Der Däne, der 2007 gestanden hatte, bei seinem Tour de France-Erfolg 1996 gedopt gewesen zu sein, soll «mindestens für die nächsten drei Jahre» für die sportlichen Dinge im Tinkoff-Saxo-Team um den zweifachen Toursieger Alberto Contador zuständig sein. Die dänische Saxo-Bank rückt unterdessen hinter dem neuen Hauptsponsor in die zweite Reihe der Geldgeber des Teams.
Das erklärte der Däne auf einer Pressekonferenz im Hauptquartier der Internet-Suchmaschine Google in London und ließ den neuen Rennstall-Besitzer aus Russland jubeln: «Ich habe jetzt mein Topteam, mit Riis den besten Sportchef und mit Alberto Contador den besten Radprofi - ich bin glücklich.» Noch im Juli hatte Tinkow über Contador gehöhnt: «Zu reich - zu wenig Hunger». Der Spanier, in London ebenfalls anwesend, schlug derweil versöhnliche Töne. «Ich weiß, dass viele die Augenbrauen hochziehen werden, aber was auch immer passiert ist, liegt lange zurück», sagte Contador, der bereits am Wochenende sein Bleiben angekündigt hatte.
Riis könnte allerdings wenig Freude an seinem neuen Aufgabengebiet haben - ihm droht ein Arbeitsverbot. Die dänische Anti-Doping-Agentur ADD will zum Jahresbeginn die Ermittlungsergebnisse gegen den 49-Jährigen vorlegen, der als Teamchef Fahrern den Weg zu Manipulationen geebnet haben soll. Entsprechend hatte sich in der Vergangenheit auch Ex-Profi Jörg Jaksche geäußert, der unter Riis 2004 bei CSC fuhr. Der frühere Telekom-Kapitän war auch von den dopinggeständigen Ex-Profis Michael Rasmussen und Tyler Hamilton beschuldigt worden.
Dass der Verkauf mit den Ermittlungen zusammenhänge, bezeichnete Riis als «pure Spekulation». Auf jeden Fall hat sich für den Dänen der Deal gelohnt. Die «Gazzetta dello Sport» mutmaßt, Riis verdiene in seiner neuen Rolle rund eine Million Euro pro Jahr. Tinkow soll für die Lizenz sechs Millionen Euro bezahlt haben.
Bank- und Restaurantketten-Besitzer Tinkow war im Juli 2012 als Co-Sponsor beim Team Saxo-Bank eingestiegen. Bei der Tour in diesem Jahr hatte er Riis und Contador heftig kritisiert, weil der Spanier chancenlos gegen den späteren Gesamtsieger Chris Froome war. Außerdem war er im Juli mit anzüglichen Tweets über die Vorlieben seiner Freizeitgestaltung an die Öffentlichkeit getreten.
2005 hatte der exzentrische Tinkow das Team Tinkoff gegründet. Im Folgejahr und 2007 engagierte der Russe den Doping-gesperrten Hamilton, der später zum Kronzeugen gegen Lance Armstrong wurde, und den unter Dopingverdacht stehenden deutschen Sprinter Danilo Hondo. Auch Jaksche, der sich als Kunde des Dopingarztes Eufemiano Fuentes geoutet hatte, unterschrieb einen Vertrag. Jan Ullrich, 1997 im Team Telekom als Toursieger direkter Nachfolger von Riis, stand auch einmal auf der Wunschliste Tinkows. Er wurde aber nicht verpflichtet.
Hondo schilderte Tinkow, der mit seiner Vita nicht so recht ins Bild des «neuen Radsports» unter dem neu gewählten Weltverbands-Präsidenten Brian Cookson passen will, am Montag als «sehr begeisterten Radsportfan».