Izu (rad-net) - Richard Carapaz ist Olympiasieger im Straßenrennen. Nach einem äußerst spannenden Finale setzte sich der Ecuadorianer auf dem Fuji International Speedway vor Tadej Pogacar (Slowenien) und Wout van Aert (Belgien) als Solist durch. Maximilian Schachmann wurde Zehnter.
Das Rennen wurde zunächst von einer Ausreißergruppe bestimmt. Direkt nach dem scharfen Start setzten sich mit Eduard-Michael Grosu (Rumänien), Nic Dlamini (Südafrika), Michael Kukrle (Tschechien), Juraj Sagan (Slowakei), Orluis Aular (Venezuela), Paul Daumont (Burkina Faso), Elchin Asadov (Aserbaidschan) und Polychronis Tzortzakis (Griechenland) acht Rennfahrer aus dem Feld ab. Dort kontrollierte zunächst vornehmlich Belgien das Tempo. Dennoch erhöhte sich der Abstand auf bis zu 20 (!) Minuten. Dann reihte sich auch die slowenische und polnische Nationalmannschaft mit an der Spitze des Feldes ein.
Derweil zeigte die Spitzengruppe erste Auflösungserscheinungen. Erst musste Asadov reißen lassen, dann konnten auch Daumont und Grosu nicht mehr folgen, sodass fünf Fahrer vorne übrig blieben. Rund 100 Kilometer vor dem Ziel, am Fuße des Fuji betrug der Vorsprung der Fluchtgruppe noch elf Minuten, bis zum Gipfel war er auf fünf Minuten geschrumpft.
Als das Ziel das erste Mal passiert wurde, war das Finale eröffnet. Mit Remco Evenepoel (Belgien) attackierte rund 50 Kilometer vor dem Ziel bereits einer der Favoriten. Vincenzo Nibali (Italien) und Eddie Dunbar (Irland) gingen mit. Aber keine drei Kilometer später war das Trio wieder eingeholt, kurz darauf wurden auch die letzten Ausreißer gestellt.
Am Mikuni-Pass 35 Kilometer vor dem Ziel dezimierte sich das Peloton dann erheblich. Dort griff dann auch Tadej Pogacar an. Er bekam Gesellschaft von Michael Woods (Kanada) und Brandon McNulty (USA). Bei den Verfolger war vor allem Wout van Aert um den Anschluss benmüht, aber es dauerte bis kurz vor dem Gipfel, ehe die Angreifer wieder eingeholt waren. Das brachte Maximilian Schachmann in Probleme, aber der Deutsche Meister kämpfte weiter, ließ kein zu großes Loch aufgehen und fand auf der Abfahrt wieder den Anschluss.
Auf der Ebenen angekommen, wurde aus der noch rund 15 Fahrer umfassenden Gruppe wieder attackiert. Dadurch fiel 25 Kilometer vor dem Ziel schließlich die Vorentscheidung: McNulty trat an und nur Richard Carapaz ging mit dem jungen US-Amerikaner mit. Das Duo arbeitete gut zusammen und hatte schnell 30 Sekunden Vorsprung, während man sich bei den Verfolgern nicht mehr wirklich einig war. Zwischenzeitlich hatte sich zwar Van Aert an die Spitze der Verfolgergruppe gesetzt und das Tempo massiv erhöht, doch keiner wollte mit dem Belgier, der als Favorit für einen Sprint galt, mitarbeiten. Der Abstand zur Spitze verringerte sich dadurch auf 15 Sekunden, aber als Van Aert wieder auf der Führung ging, holte das Ausreißerduo wieder mehr Zeit heraus.
Sechs Kilometer vor dem Ziel griff Carapaz schließlich an und McNulty hatte keine Kraft mehr zu folgen. 4,5 Kilometer vor dem Ziel wurde er von der Verfolgern eingeholt, während Carapaz Vorsprung immer größer wurde. Den Zielstrich überquerte der 28-Jährige nach 234 Kilometern mit rund 4500 Höhenmetern mit 1:07 Minuten Vorsprung und holte damit als erster Radsportler seines Landes eine Olympiamedaille - und gleich sogar die Goldene.
Den Verfolgern blieb nur noch der Sprint um Silber und Bronze. Den eröffnete Adam Yates (Großbritannien), doch Van Aert und Pogacar reagierten sofort. Pogacar kam nochmal dicht an Van Aert heran, doch der verteidigte im Fotofinish Rang zwei.
Schachmann: «Habe alles gegeben»
Schachmann kam kurz nach der Verfolgergruppe als Zehnter ins Ziel. «Die Vorbereitungen am gestrigen Tage waren leider nicht optimal. Am Anfang des Rennens hatte ich schwere Beine, aber dann habe ich gut reingefunden. An der schweren Steigung habe ich versucht, nicht zu überziehen und bin mein Tempo gefahren, so wie ich es von Anfang an geplant hatte. Als Carapaz attackierte, wollte ich mitgehen, aber es hat nicht gereicht. Danach habe ich noch einmal das Tempo forciert, bin dann übers Limit gegangen. Und von da an war es nur noch ein Kampf ums Überleben», erklärte Schachmann nach dem Rennen, in dem er allen Widerständen zum Trotz ein großes Kämpferherz bewies und mit großem Einsatz seine Nachteile am Berg wettmachte. Doch es sollte nicht reichen. «Ob ich auf der Zielgeraden etwas gegen Pogacar oder Van Aert hätte ausrichten können, kann man im Nachhinein nicht sagen. Ich habe jedenfalls alles gegeben und kann mir keinen Vorwurf machen. Jetzt konzentriere ich mich auf das Zeitfahren am Mittwoch.»
Emanuel Buchmann belegte den 29. Platz. «Bei mir lief es nicht so gut. Ich habe mich schlecht gefühlt. Am letzten Berg konnte ich noch bis zur Hälfte mitfahren, dann sind mir die Beine aufgegangen», sagte Buchmann im Ziel, nachdem er die Nacht zuvor kaum Schlaf gefunden hatte, da er sich einem weiteren PCR-Test unterziehen musste. «Ich habe trotzdem mein Bestes gegeben. Jetzt bin ich einfach nur froh, wenn ich nach Hause komme.»
Nikias Arndt, der 54. wurde, sagte: «Die Tage, die wir uns in Tokio vorbereitet hatten, liefen optimal. Leider ging es gestern drunter und drüber nach dem positiven Corona Test von Simon Geschke. Wir haben dann versucht, uns aufs Rennen zu konzentrieren, was uns auch weitgehend gelungen ist. Ich denke, wir haben es heute ganz gut hingekriegt. Als Mannschaft haben wir funktioniert. Für eine Medaille hat es dann leider zum Schluss nicht gereicht, aber Max hat ein großes Rennen gefahren. Mit meiner persönlichen Leistung bin ich auch zufrieden. Ich bin weit gekommen. Unserem Team hat zum Schluss leider das Quentchen Glück gefehlt.»