Dudenhofen (dpa) - Diesmal ist alles anders. Wenn am Mittwoch die deutschen Bahnradmeisterschaften in Dudenhofen beginnen, ist die Rückkehr zur Normalität kaum möglich.
«Als Weltmeisterin und Titelverteidigerin will ich die 500 Meter in Dudenhofen gewinnen, aber ansonsten sind meine Ziele schwierig zu formulieren, weil Kristina fehlt», sagt Miriam Welte. Der Schock über den schlimmen Trainingsunfall ihrer langjährigen Nationalmannschaftskollegin Kristina Vogel sitzt immer noch tief.
Vogel, die zweifache Olympiasiegerin und elfmalige Weltmeisterin, war das Aushängeschild im deutschen Bahnradsport. Bis zu jenem 26. Juni, als die 27-Jährige im Training in Cottbus so tragisch stürzte und schwerste Verletzungen an der Wirbelsäule erlitt. Vogel liegt weiter in Berlin im Krankenhaus. Offizielle Angaben zu ihrem Gesundheitszustand gibt es seit fast zwei Wochen nicht mehr.
Achtmal in Serie hat Vogel die nationalen Meisterschaften im Sprint gewonnen, diesmal steht sie nicht an der Startlinie. «Wir werden dieses Schicksal in den Meisterschaftstagen nicht aussparen können. Ich bin seit 40 Jahren Arzt. Ich glaube, es gibt keine große Hoffnung, dass Kristina wieder aufs Rad steigt», sagte der Vorsitzende des Ausrichters RV 08 Dudenhofen, Clemens Spiekermann, der Zeitung «Rheinpfalz». Der Organisationschef will den eingerichteten Crowd-Funding-Fonds zugunsten Vogels mit Aktionen wie Verlosungen unterstützen und hofft auf einen fünfstelligen Betrag. Unter dem Hashtag #staystrongkristina wurden bis Anfang der Woche schon rund 75 000 Euro gespendet.
Auch für einige Sportler ist Vogels Unfall noch allgegenwärtig. Insbesondere Welte kann sich kaum vorstellen, dass ihre langjährige Teamsprint-Partnerin fehlen wird. Die 31 Jahre alte Sprinterin aus Kaiserslautern hatte zusammen mit Vogel 2012 Olympia-Gold im Teamsprint geholt, dazu gab es vier WM-Titel. Welte wird in Dudenhofen im Teamsprint zusammen mit der Junioren-Vize-Weltmeisterin Lea Sophie Friedrich aus Schwerin starten.
Sprint-Bundestrainer Detlef Uibel weist aber auch darauf hin, dass es trotz der Dramatik um den Vogel-Sturz bei den Meisterschaften auf der gerade für 900 000 Euro runderneuerten Radrennbahn von Dudenhofen auch für viele Athleten um einiges geht. «Für viele wird der Unfall nur im Hinterkopf noch eine Rolle spielen. Sportlich sind die Meisterschaften immerhin Abschluss des Nominierungszeitraums für die bevorstehende Europameisterschaft und die Weltcup-Saison im Herbst», sagte Uibel.
Aus sportlicher Sicht ist vor allem das Experiment des LKT Team Brandenburg interessant. Der Vierer geht mit Maximilian Levy aus Cottbus als Anfahrer an den Start. Der viermalige Weltmeister im Sprint-Bereich soll mit seiner Explosivität das Quartett um Madison-Weltmeister Roger Kluge (Berlin) schnell in Fahrt bringen und Seriensieger Heizomat rad-net.de Konkurrenz machen. «Ich möchte einfach neue Reize setzen. Beim LKT-Team habe ich mit dem Vierer und Heiko Salzwedel als Trainer ideale Bedingungen», sagte Levy, der zudem Titelverteidiger in Sprint, Keirin und Teamsprint ist.