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Aufgeben kommt für Lance Armstrong nicht in Frage.
19.07.2010 13:27
Armstrongs grotesker Tour-Abschied

Pamiers (dpa) - 15:47 Minuten Rückstand in den Alpen, 15:14 in den Pyrenäen: Der fast 39-jährige Rekordsieger Lance Armstrong hat sich seinen Tour-Abschied sicher anders vorgestellt. Er hält sich bis Paris mit Galgenhumor über Wasser - denn Aufgeben geht gar nicht.

Armstrong scherzt mit den Zuschauern, reißt einem verkleideten Fan in voller Fahrt die rote Perücke vom Kopf und unterhält sich bei der Zieldurchfahrt angeregt mit seinem Teamkollegen Jaroslaw Popowitsch: Er hat inzwischen alle Zeit der Welt - in einem Metier, in dem knallhart um jede Sekunde gerungen wird. Seine Tour de France ist längst vorbei - spätestens seit seinem 11:45-Minuten Einbruch in Morzine.

Der einst unnachgiebige Tour-Regent, früher von Ehrgeiz fast zerfressen, rettet sich mit bei seiner Abschiedstour mit Galgenhumor über die letzten Tage bis Paris. Denn Aufgabe kommt für einen wie ihn nicht infrage. «Ich war nie einer, der aufgibt und ich gebe auch jetzt nicht auf», sagte der siebenfache Toursieger nach seinem 70. Platz von Ax-3 Domaines im Ziel der ersten Pyrenäen-Etappe.

Armstrong hat bei seinem 13. Frankreich-Trip längst die touristische Dimension entdeckt: «Es ist eine neue Situation für mich. Ich kann den Berg in Ruhe hochfahren, mich umschauen, mit den Zuschauern sprechen, eine gute Zeit haben.» Dem Tour-Zentralorgan «L'Équipe», das ihn mit nachträglichen analysierten Dopingproben von 1999 im Jahr seines Abschieds 2005 als EPO-Doper entlarvt hatte und ihm vier Jahre später den Roten Teppich ausrollte, gefällt seine neue Fahrweise überhaupt nicht.

Seinen fast unwürdigen Abstieg kommentierte die Zeitung nach seinem Sturz in der neutralisierten Startzone in Rodez - dem inzwischen fünften während dieser Tour - mit folgender Abstufung seiner Qualitäten: «Erst Radprofi, dann Radtourist, dann nur noch Tourist.» Mit dem sportlichen Niedergang handelte er sich auch von den Fans Häme ein. «Rennrad zu verkaufen - Nachfragen bei Lance Armstrong» hatte ein Scherzkeks auf die Straße gepinselt.

Nachtreten mögen langjährige Begleiter nicht. Weder Rolf Aldag, jetzt sportlicher Leiter bei HTC Columbia, noch Routinier Jens Voigt haben Spott übrig. «Wenn man ihn als 'Tourist' bezeichnet, was bin ich dann mit mehr als doppelt soviel Rückstand: Ein Doppel-Tourist?», fragte Voigt. Aldag sieht Armstrong in einer Art Zwickmühle. Aufgabe sei ausgeschlossen, «mitfahren mit den Besten geht aber auch nicht mehr». Vielleicht hätte es der Seriensieger bei seinem «respektablen Comeback 2009» bewenden lassen sollen, meinte der Ahlener Armstrong-Konkurrent aus Jan Ullrich-Zeiten.

Armstrongs Flirt mit seinem möglichen achten Toursieg wirkte von Beginn an fast wie eine Anmaßung, und die wurde jetzt grausam bestraft. Der Texaner, den die Vergangenheit in Form der Anklagen von Floyd Landis und Greg LeMond auch bei dieser Tour einholte, steht damit in einer langen Reihe von Sportler, die den Absprung zur rechten Zeit verpassten. Auch der große Eddy Merckx drehte auf dem Rad mindestens eine Runde zu viel. Bei seiner letzten Tour wurde der Belgier 1977 auf Rang sieben gedemütigt.

Armstrong, der in Paris wahrscheinlich zum zweiten Mal nach 2005 seinen Rücktritt erklären wird, dürfte es noch viel schlimmer erwischen. Vor der zweiten von vier Pyrenäen-Etappen rangierte er auf Rang 38. Tendenz: fallend.


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