Kopenhagen (dpa) - Die Konkurrenz verneigt sich ehrfürchtig - und Tony Martin will seine Rivalen im Kampf gegen die Uhr auch künftig das Fürchten lehren. Nach seinem überragenden WM-Gold im Zeitfahren von Kopenhagen macht der 26 Jahre alte Radprofi um seine kühnen Zukunftspläne kein Geheimnis.
«Das war die Generalprobe für London», verkündete Martin, der schon jetzt als Topfavorit auf den Olympiasieg 2012 gilt. Nicht nur dem Silbermedaillengewinner Bradley Wiggins droht bei dessen Heimspielen in zehneinhalb Monaten eine Lehrstunde. «Martin ist wahrscheinlich derjenige, der die Zeitfahren in den kommenden fünf Jahren dominieren wird», sagte der Brite.
Ziemlich bedröppelt saß Fabian Cancellara auf dem Podium der Pressekonferenz neben Martin. Erst ein Scherz des neuen Weltmeisters («Der dritte Platz ist auch toll - ich weiß, wovon ich spreche») brachte den Schweizer - in den vergangenen Jahren im Kampf gegen die Uhr fast unschlagbar - zum Schmunzeln. Geht es nach Martin, hat in Dänemark bereits die Wachablösung stattgefunden. «Einmal Weltmeister werden ist einfach», sagte der gebürtige Cottbuser, «die hohe Kunst ist, es zu wiederholen, so wie Cancellara.»
Derzeit spricht einiges dafür, dass Martin in Kopenhagen nicht zum letzten Mal das Regenbogentrikot übergestreift wurde. Nun weiß der in der Schweiz wohnende Radprofi, wie seine perfekte Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt ablaufen muss. «Ich habe einen guten Weg gefunden und werde im nächsten Jahr einen ähnlichen Weg gehen», sagte er. Der 26-Jährige bereitete sich im August und September erstmals bei der Vuelta auf die WM vor und will dies beibehalten. Unter quasi identischen Bedingungen kann er sich 2012 bei der Tour auf die Olympischen Spiele vorbereiten.
Zudem stellte Martin mit seiner Unterschrift beim Team Quick-Step-Omega-Pharma bereits weitere Weichen. Das belgische Team wird vom selben Radbauer ausgestattet wie Martins bisherige Equipe HTC-Highroad, die zum Jahresende aufgelöst wird. Für Kontinuität ist gesorgt. «Es gab eine gute technische Entwicklung und ich habe heute mit Sicherheit eines der schnellsten Räder, die es gibt», betonte Martin.
Bei Quick-Step wird der Polizeimeister aus Thüringen bekannte Gesichter wiedersehen, etwa seinen bisherigen Sportlichen Leiter Brian Holm und Zeitfahr-Kollege Bert Grabsch. «Bei uns passt das menschlich sehr gut, wir sind Zimmerkollegen und gönnen uns gegenseitig den Erfolg», sagte Martin, nach Jan Ullrich (2001, 2003) und Grabsch (2008) dritter deutscher Weltmeister im Einzelzeitfahren.
Grabsch war als Weltmeister in der öffentlichen Wahrnehmung fast untergegangen, Ullrich ist trotz des unrühmlichen Karriereendes immer noch das Paradebeispiel des deutschen Radsport-Superstars. Martin hat einen ersten Schritt getan, einen ähnlichen Status zu erlangen. Sein Sieg - und auch die Goldmedaille von Judith Arndt - zeigten, dass der deutsche Radsport «eine sehr gute Gegenwart und Zukunft hat», meinte der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), Rudolf Scharping.
«Wir hoffen, dass es lange so gut läuft wie im Moment, und er lange das Niveau mitbestimmt», sagte Martins Manager Jörg Werner. Sein Noch-Teamchef Rolf Aldag weiß, was große Siege über mehrere Jahre bedeuten: «Langfristigkeit erzeugt Stars und Helden.»