Berlin (dpa) - Auf eine Last-Minute-Ankunft will Roger Kluge diesmal verzichten. «Ich könnte am Sonntag von der Couch anreisen und es noch knapper und spannender machen. Ich belasse es aber bei dem einen Mal.
Die Geschichte aus dem letzten Jahr war etwas Besonderes», sagt der Bahnrad-Weltmeister, der nur 15 Kilometer vom Velodrom in Berlin entfernt in Steglitz wohnt. Im vergangenen Jahr hatte er noch einen Wahnsinnstrip hingelegt, als der 34-Jährige direkt von der UAE-Tour in Dubai einflog, eine Stunde vor dem Madison-Rennen im polnischen Pruszkow eintraf und mit Theo Reinhardt trotzdem den WM-Titel erfolgreich verteidigte.
Anreise hin oder her, das Ziel bleibt das gleiche. Kluge und Reinhardt wollen am Sonntag den Titel holen, es wäre der dritte in Serie. «Es macht es historisch, das Triple zu schaffen, was uns extra anspornt. Aber der größte Ansporn ist die Heim-WM», betont Kluge und fügt hinzu: «Das wird ein Push geben, wie man es vom Sechstagerennen kennt.»
Sechstagerennen, Weltcups, die Bahn-WM und dazu hauptberuflich Straßenrad-Profi beim belgischen Lotto-Soudal-Team, wo er den australischen Sprintstar Caleb Ewan regelmäßig in Position bringt. Wie etwa bei der Tour de France im vergangenen Jahr, als Ewan mit drei Siegen zum Sprintkönig aufstieg. Dass Kluge dabei meist im Schatten steht, sei halt sein Job. Der Abwehrspieler im Fußball schieße auch selten ein Tor. So sind Siege von Ewan auch ein Stück weit Kluges Erfolge. So verlängerte der Allrounder zusammen mit Ewan seinen Vertrag beim belgischen Team bis Ende 2022.
Bei Vertragsende wäre Kluge fast 37 Jahre alt. Genug hat der Familienvater aber noch lange nicht. «Bis 40 wäre ganz schön, wenn die Gesundheit mitspielt, die Freude da ist und keine Verletzung kommt», erklärt Kluge. Dabei zählen Prellungen und Schürfwunden für ihn eher zu den Lappalien, verglichen mit der Herz-Operation im Oktober, als ein Loch zwischen den beiden Vorhöfen behoben wurde. «Das war weder überraschend noch schockierend. Es war langfristig geplant und komplikationsfrei abgelaufen.»
Im November saß er beim Sechstagerennen in Gent schon wieder im Sattel und im Januar ging er bei der Tour Down Under in Australien an den Start. Nimmermüde ist Kluge im Einsatz und erinnert dabei an Jens Voigt. Die Chancen, ähnlich wie der Altmeister mit 43 Jahren noch auf dem Rad zu sitzen, seien aber gering. «Jens hatte eine andere Helferrolle. Er war ein Edelhelfer, der auch gut die Berge fahren konnte und diesen Riesen-Motor hatte. Wenn ich mich in diese Richtung entwickeln würde, dann vielleicht. Aber wenn ich weiter Anfahrer bleibe, ist es eher unwahrscheinlich. Als Sprinter verliert man im Alter die Schnelligkeit», erklärt Kluge.
Soweit ist es aber noch nicht. Auch auf der Bahn sollen seine vierten Olympischen Spiele im Sommer nicht die letzten sein. Sollte Paris 2024 nochmal ein Thema sein, werde er es versuchen. Am liebsten mit Reinhardt, seinem kongenialen Partner. «Roger und ich kennen uns sehr gut, sind privat miteinander befreundet. Was auf der Bahn passiert, ist für uns Routine. Es passt einfach», beschreibt Reinhardt das Zusammenspiel, auch wenn die gemeinsamen Einheiten überschaubar sind. «Roger macht sein Ding, ich meines. Und wir fügen das dann zusammen, wenn wir uns sehen.»
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