Montpellier (dpa) - Er versetzt Berge und lässt seine Fans vom ersten einheimischen Tour-Sieg seit 1985 träumen. Das große Sommertheater des Radsports hat endlich einen Hauptdarsteller: Thomas Voeckler versetzt die Grande Nation in Verzückung.
Und nicht nur die. «Wenn Voeckler mit den Topfahrern im Hochgebirge ankommt, kann er die Tour gewinnen», twitterte Rekordsieger Lance Armstrong, nachdem der mit einer Wildcard in die Tour gekommene Europcar-Kapitän auf der schwersten Pyrenäen-Etappe ein Patt mit den großen Favoriten erreicht und sein Gelbes Trikot zum sechsten Mal verteidigt hatte.
Dass Voeckler - nicht unbedingt ein Bergspezialist - auf der steilen Rampe des Plateau de Beille mit den Schlecks, Contador und Co. bravourös bis ins Ziel mitfuhr, wertete die «L'Équipe» auch als Erfolg der Anti-Doping-Politik des Weltverbandes UCI. Am Morgen vor der «Königsetappe» in den Pyrenäen war Voeckler zur Blutkontrolle gebeten worden. Die Ergebnisse werden frühestens am zweiten Ruhetag am Montag vorliegen.
Das erste Gelbe Trikot seiner Karriere hatte Voeckler 2004 auf dem Plateau gegen Armstrong um 22 Sekunden verteidigt. Diesmal verließ er die Pyrenäen mit 1:49 Minuten Vorsprung vor Frank Schleck. «Ich kann gar nicht glauben, was mit mir hier passiert», staunte Voeckler.
«Und wenn er nun die Tour gewinnt?», sinnierte die Lokalzeitung «Sud Ouest» am Sonntag. Der fünffache Tour-Sieger Bernard Hinault, letzter französischer Triumphator auf den Champs Elysées vor 26 Jahren, blieb mit den Beinen auf dem Boden: «Es ist noch zu früh, von einer Vorentscheidung zu sprechen.»
Noch zwei beinharte Alpen-Etappen stehen auf dem Tour-Plan, dazu das schwere Zeitfahren am vorletzten Tag in Grenoble über 42 Kilometer. Auf identischem Kurs hatte Voeckler bei der Tour-Generalprobe Dauphiné Libéré 1:58 Minuten auf Cadel Evans verloren, der als Kandidat Nummer eins auf den Toursieg gehandelt wird.
Voeckler ist der große «Chou-Chou» (übersetzt «Schatz») der Franzosen. Viele Konkurrenten denken anders über ihn. «Rücksichtslos, eigensinnig», nannte ihn Juan Antonio Flecha. Der Spanier hatte allen Grund zu großer Rage. Voeckler hatte am vergangenen Sonntag bei seinem Sturm ins «Maillot Jaune» auch von zwei Stürzen profitiert. In den letzten waren Flecha und Johnny Hoogerland, zusammen in einer Ausreißergruppe mit Voeckler unterwegs, involviert. Ein Begleitwagen hatte sie von der Straße gerammt und verletzt. Voecklers erste Reaktion auf den Unfall: Er blickte zurück und beschleunigte.