Bardolino (dpa) - 2004 ist nicht das Jahr des Jan Ullrich. Zu Beginn der Rad-Weltmeisterschaft musste der T-Mobile-Kapitän seine Teilnahme am Zeitfahren dritten Wettkampftag in Bardolino aus gesundheitlichen Gründen absagen.
Auch mit seinen Startchancen für das Straßenrennen am 3. Oktober in Verona steht es nicht zum Besten. «Er ist jetzt zu Hause. Sein Arzt steht mit der Uni-Klinik Freiburg in Kontakt», erklärte T-Mobile-Sprecher Olaf Ludwig. Die Entscheidung, ob er im Straßenrennen starten kann, solle drei Tage vor dem Wettkampf fallen.
Damit scheint auch der letzte Saison-Traum des Olympiasiegers von Sydney, mit einem ansprechenden Finale in Norditalien die Enttäuschungen der vergangenen Monate zu verwischen, geplatzt zu sein. «Das sind schlechte Voraussetzungen für ein Rennen. Ich bin skeptisch, ob es noch klappt», meinte Ullrich-Betreuer Rudy Pevenage, der seine geplante Reise zum Gardasee absagte. Bis spätestens 24 Stunden vor dem WM-Rennen in Verona muss der Verband sein 12 köpfigtes Aufgebot namentlich benannt haben.
«Es fing am Samstag an, ich habe mich erbrochen und hatte Durchfall. Heute geht es zwar ein bisschen besser, aber ich fühle mich sehr schlapp. Ich werde versuchen, bis Sonntag wieder fit zu werden», sagte Ullrich kurz vor seiner Abreise im Sporthotel Veronello oberhalb des WM-Örtchens Bardolino, wo er große Aussichten auf sein drittes WM-Gold im Zeitfahren gehabt hätte.
Vize-Weltmeister Uwe Peschel (Scheidegg), dem eine Wildcard für einen WM-Start verweigert worden war, soll nun Ullrich ersetzen und neben seinem Gerolsteiner Team-Kollegen Michal Rich (Emmendingen) den zweiten deutschen Startplatz einnehmen.
Im Juli war Ullrich mit großen Ambitionen bei der Tour de France gestartet - nach drei Wochen blieb ihm hinter dem überragenden Rekordsieger Lance Armstrong nur Rang vier. Bei den Olympischen Spielen in Athen war er im Straßenrennen nur 19. geworden und in seiner Spezial-Disziplin Zeitfahren als Siebter untergegangen. Auf der Haben-Seite 2004 steht für den 30-Jährigen bisher nur der eher magere Gesamtsieg bei der Tour de Suisse im Juni.
«Es gibt Schlimmeres im Leben, aber diese Situation ist natürlich sehr, sehr ärgerlich», reagierte Teamchef Mario Kummer auf die Hiobsbotschaft seines unberechenbaren Stars, der zusammen mit seiner Physiotherapeutin mit dem Auto vom Gardasee Richtung Bodensee aufbrach.
Wegen seiner Magen-Darm-Probleme hatte der zweimalige Zeitfahr-Weltmeister bereits auf einen Start beim Grand Prix Beghelli verzichtet. Kummer: «Wenn er morgen trainieren kann, gibt es noch Hoffnung.» Ullrich ist nicht der einzige im T- Mobile-Team, der sich mit neuerdings gehäuft auftretenden Magen-Darm-Problemen herumplagt. Bei der einen Tag vor dem WM-Beginn beendeten Spanien-Rundfahrt waren fünf von neun Fahrern vorzeitig aus diesem Grund ausgestiegen. «Ich weiß nicht, woran es lag. Keiner der anderen Fahrern, mit denen Jan zuletzt zusammen war, klagt über diese Schwierigkeiten», sagte Kummer.
Peschel und Rich, der Ullrich in diesem Jahr schon in zwei wichtigen Zeitfahren bezwang, sind nun die Trumpfkarten des Bundes Deutscher Radfahrer auf dem selektiven, 46,75 Kilometer langen Kurs im Hinterland des Wein-Städtchens Bardolino. Der erste Anstieg zwischen Garda und Costermano ist 3,5 Kilometer lang und weist sieben Steigungs-Prozente auf. Dann sind noch einmal 900 Meter mit neun Prozent zu überwinden.