Madrid (dpa) - Selbst in der Stunde des Triumphes blieb Alberto Contador der Ärger nicht erspart. Als der 26-Jährige in Paris auf dem Treppchen stand, schallte nicht die spanische, sondern die dänische Nationalhymne über die Lautsprecher.
Und dies nach dem Sieg bei einer Tour de France, die nach seinen Worten das bislang härteste Rennen seiner Karriere war - psychologisch gesehen. «Ich habe eigentlich zwei Wettkämpfe gewonnen: einen auf der Straße und einen im Hotel», sagte er angesichts des letztendlich zu seinen Gunsten entschiedenen Machtkampfes mit Lance Armstrong im Astana-Team. «Wir sind einfach inkompatibel», meinte der Spanier später.
Umso glücklicher machten Contador die Schlagzeilen der heimischen Presse, die ihn mit seinem Landsmann, dem fünffachen Tour-Sieger Miguel Indurain, verglich. Dieser war 27, als er seine erste Frankreich-Rundfahrt gewann, Contador ist ein Jahr jünger und hat bereits zwei Siege auf seinem Konto. «Er hat eine einzigartige Zukunft vor sich, er wird es noch weiter als Indurain bringen», prophezeite die Zeitung «El País», die in ihm gar «die Kraft eines Außerirdischen» erkennt. Auch für das Sportblatt «Marca» ist Contador «der neue Boss» des Radsports.
Dass der 26-Jährige einst mit dem Dopingskandal der «Operación Puerto» um den Arzt Eufemiano Fuentes in Verbindung gebracht wurde, davon fiel in Spanien kein Wort. In Contadors Heimat gehört dieses Kapitel der Vergangenheit an. Er selbst sagt immer wieder, all dies sei damals «ein Irrtum» gewesen. Und so ernannte ihn seine Geburtsstadt Pinto, ein rund 40 000 Einwohner zählender Arbeiter-Vorort rund 20 Kilometer südlich von Madrid, nach dem zweiten Tour- Sieg zum Ehrenbürger. Die Gemeinde charterte gleich mehrere Busse, um ihrem Idol am Flughafen einen feierlichen Empfang zu bereiten.
Contador wuchs in Pinto in bescheidenen Verhältnissen auf. Erst als 15-Jähriger bekam er sein erstes Rad. «Ich bekam es zu Weihnachten, es war ein Mountainbike», erinnert er sich gerne. Contador hat drei Brüder, der jüngste von ihnen ist geistig schwerbehindert, ein anderer steht ihm als Manager zur Seite. Um seine Karriere konnten sich seine Eltern nicht kümmern.
Umso stolzer sind seine Landsleute heute über den großen Triumph - zumal es schon fast ein Wunder ist, dass er überhaupt noch im Radsport ist: Nach einem schweren Sturz bei der Asturien-Rundfahrt Anfang 2004 stellten die Ärzte damals im Krankenhaus fest, dass er schon längere Zeit mit einer lebensgefährlichen Gefäßerweiterung (Aneurysma) im Gehirn lebte. Sechs Monate nach einem riskanten Eingriff saß er wieder auf dem Rad, im Jahr darauf fuhr er seine erste Tour de France.