London (dpa) - «E.T.» ist Schuld an Chris Hoys einzigartiger Radsport-Karriere. Nach dem Kinoerlebnis Anfang der 80er Jahre, bei dem Kids auf BMX-Rändern den kleinen Außerirdischen retteten, wachte der siebenjährige Chris morgens auf und wollte dieser neumodischen Bewegung angehören.
Später tauschte der starke Schotte sein BMX-Bike gegen ein futuristisches Bahnrad. Sechsmal gewann Hoy bei Olympia die Goldmedaille, elfmal wurde er Weltmeister. Im Königreich stieg er zum Sporthelden mit Popstar-Status auf, die Queen schlug ihn 2009 zum Ritter. Nun beendete der «Knight Rider» seine Karriere.
Hoy ist ein Ritter, wie er im modernen Märchenbuch auftauchen könnte. Der 37-Jährige will lieber nicht «Sir» genannt werden. «Er ist genauso sympathisch, wie er im Fernsehen rüberkommt. Er hat sich überhaupt nicht verändert, seit er diesen Status hat», sagte Hoys deutscher Trainer Jan van Eijden einmal über ihn.
Als der jüngere Teamkollege Jason Kenny bei den Olympischen Spielen 2012 in Hoys Paradedisziplin Sprint den Vorzug bekam, wünschte der seinem Teamkollegen einfach nur «alles Gute». «Ritterlich» sei das gewesen, fand «The Times».
2008 in Peking holte Hoy dreimal Gold - das war bei Olympia seit dem Schwimmer Henry Taylor 1908 keinem Briten gelungen. 2004 hatte er bereits in Athen im 1000-Meter Zeitfahren triumphiert. Im Vorjahr krönte Hoy seine Karriere dann in London mit den Goldmedaillen Nummer fünf und sechs - die letzte in einem spannenden Keirin-Finish gegen den Berliner Maximilian Levy. Damit ist der 37-Jährige Rekordchampion in Großbritannien, noch vor Ruderlegende Steven Redgrave.
Erfolgreichster schottischer Olympionike ist Hoy sowieso. Viele sagen gar: der größte lebende Schotte. Nein, wiegelt Hoy ab: «Ich habe den größten Schotten schon getroffen - Sean Connery. Wir haben vor vier Jahren in Wimbledon mal einen Tee zusammen getrunken, und es war sehr besonders, von ihm Making-of-Storys zu den Bond-Filmen zu hören.»
Er war ein Perfektionist im Training und auch sonst ein «Mr. Perfect». Private Skandälchen? Fehlanzeige. Verheiratet ist er mit Sarra, einer Anwältin aus seiner Heimatstadt Edinburgh. In London machte er dieser nach dem Keirin-Gold und allen Entbehrungen eine rührende Liebeserklärung: «Als ich Sarra nach allem endlich sah und sie umarmen und küssen konnte - das war mein schönster Moment.»
Und bei allem Understatement: Hoy ist ein echter Megastar, wie man es sich in Deutschland bei einem Bahnradsportler nicht vorstellen kann. «Er ist hier so berühmt wie bei uns damals Boris Becker und Steffi Graf», erklärt Coach van Eijden. Konkrete Pläne für die Zeit nach seiner Karriere hatte der Bahnrad-Ritter schon lange: Er will Fahrräder mit seinem Namen auf den Markt bringen. Die Chris-Hoy-Bikes dürften im Königreich ein Renner werden.