Berlin (dpa) - Der deutsche Radprofi Stefan Schumacher hat jahrelanges Doping zugegeben und dabei auch seinen damaligen Teamchef Hans-Michael Holczer schwer belastet.
In einem Interview des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» sagte der zweifache Etappensieger und Träger des Gelben Trikots bei der Tour de France 2008: «Ich habe EPO genommen, auch Wachstumshormon und Kortikosteroide.» Zuvor hatte er jahrelang vehement die Einnahme von verbotenen Substanzen bestritten.
Holczer, ehemals Chef des Schumacher-Rennstalls Gerolsteiner, habe nach seiner Aussage davon gewusst. «Einen so laxen Umgang mit Medikamenten habe ich nur bei Gerolsteiner erlebt und Holczer war darüber bestens im Bilde», sagte Schumacher. Er fährt derzeit für den dänischen Drittligisten Christina Watches unter Ex-Profi Michael Rasmussen, der unlängst umfassendes Doping gestand. «Dass er nichts vom Doping in seinem Team wusste, wie er behauptet, stimmt nicht», erklärte Schumacher in Richtung Holczer.
Der Geschichts- und Mathematiklehrer, der in seiner Zeit bei Gerolsteiner in der Öffentlichkeit als aufrechter Anti-Doping-Kämpfer wahrgenommen worden war, habe laut Schumacher «nach außen den großen Mahner gegeben», intern habe sich «aber nie etwas geändert». Neben Schumacher waren auch Bernhard Kohl (Österreich), Davide Rebellin (Italien) und Lance Armstrongs ehemaliger Teamkollege Levi Leipheimer (USA) während ihrer Zeit bei der Profimannschaft des Mineralwasser- Herstellers oder danach wegen Dopings aufgeflogen.
Der beschuldigte Holczer reagierte am Freitag auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dpa gelassen. «Das ist alles vollkommen aus der Luft gegriffen und diskreditiert eine komplette Mannschaft. Ich werde mich nicht direkt zu den taktischen Anschuldigungen eines Herrn Schumacher äußern. Ihm steht ein Betrugs-Prozess vor dem Landgericht Stuttgart bevor. Das wird die Angelegenheit klären», sagte der frühere Teamchef des russischen Katusha-Rennstalls, der inzwischen auf einen Beraterposten im russischen Radsport-Verband gerückt ist. Holczer ist zum Schumacher-Prozess am 18. April acht Tage nach Beginn als Zeuge geladen.
Schon mit Anfang 20 habe er begonnen, sich Spritzen zu setzen, bekannte der 31-jährige Schumacher. «Ich habe mich in ein System eingefügt. Das macht mich nicht stolz, aber es war eben so», räumte er ein. «Doping wird zum Alltag wie der Teller Nudeln nach dem Training.»
Während seiner Zeit beim Team Gerolsteiner von 2006 bis 2008 hätten die Teamärzte «zum Teil aktiv beim Dopen mitgemischt», erklärte Schumacher. Im Mannschaftsbus sei eine Vielzahl von Medikamenten transportiert worden. «Die meisten Sachen konnte sich jeder aus der Medikamentenbox nehmen. Das war völlig verrückt.»
Schumacher war im Juli 2008 bei der Tour und danach bei Olympia in Peking die Einnahme des Blutdopingmittels Cera nachgewiesen worden. Als Folge war der WM-Dritte von Stuttgart 2007 vom Internationalen Sportgerichtshof CAS bis 27. August 2010 gesperrt worden.