Berlin (dpa) - Der deutsche Radprofi John Degenkolb hat sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine gegen eine allgemeine Sperre russischer und belarussischer Radsportler ausgesprochen.
«Man muss zwischen einzelnen Fahrern und Sponsoren wie Gazprom differenzieren. Profis wie etwa Pavel Sivakov ist zwar russischer Staatsbürger, er hat sich aber ganz klar distanziert von diesem Regime. Das ist genau der richtige Weg. Ihn zu sperren, wäre nicht richtig», sagte Degenkolb im Interview der «Frankfurter Rundschau».
Der Radsport-Weltverband UCI hatte russische und belarussische Teams von allen Rennen und Rundfahrten ausgeschlossen, darunter das World-Tour-Team Gazprom-Rusvelo. Einzelne russische und belarussische Profis in nicht-russischen oder -belarussischen Teams sind nicht betroffen. Sivakov fährt für das britische Team Ineos-Grenadiers.
Neben Sivakov ist noch sein Landsmann Alexandr Vlasov im deutschen Team Bora-Hansgrohe in der World Tour dabei. Dass er sich ebenfalls öffentlich von Putin distanziert, hatte Degenkolb nicht erwartet. «So lange er nicht Pro Putin handelt... Aber wissen Sie, ich kenne ihn überhaupt nicht. Weiß ich denn, ob er vielleicht noch Familie in Russland hat? Wenn er sich gegen Putin äußert, könnte das Folgen für die Menschen haben, die vielleicht noch dort leben und das Land nicht einfach verlassen können», sagte der Profi des Teams DSM. Man müsse sich genau die persönliche Situation jedes Einzelnen ansehen.
Im Training gelinge es ihm, die Gedanken an den Krieg auszublenden. «Aber gerade als älterer Fahrer und Familienvater hinterfragt man schon, was machen wir jetzt hier eigentlich? Mitten in Europa herrscht Krieg und wir sollen jetzt hier Radrennen fahren?», sagte der Sieger von Paris-Roubaix und Mailand-Sanremo 2015: «Ich hoffe inständig, dass die Friedensverhandlungen so schnell wie möglich zu einem positiven Ergebnis führen und dieser Krieg endlich beendet wird.»