Paris (dpa) - Laurent Fignon kämpft den Kampf seines Lebens. Die hochdramatische Auseinandersetzung mit dem Amerikaner Greg LeMond, die der Franzose 1989 nach 3285 Tour-Kilometern auf den Pariser Champs Elysées mit acht Sekunden verlor, war ein Witz dagegen. Der 48-jährige Fignon, 1983 und 84 zweimal Gewinner der Tour de France und dabei nach eigenem Bekunden auch gefangen im System der Doper unter Dopern, hat Bauchspeicheldrüsen-Krebs in fortgeschrittenem Stadium.
Im französischen Fernsehen TF1 fand er bewegende Worte: «Wenn es schnell zu Ende gehen sollte, habe ich nichts zu bereuen. Ich habe ein schönes Leben gehabt. Ich will nicht sterben, aber ich habe keine Angst davor.» Sein Krebs hat bereits Metastasen gebildet, Fignon ist mitten in der Chemotherapie.
Sein charakteristischer blonder Zopf war bei seinen Tour-Auftritten in den vergangenen Jahren einer schütteren Kurzharr-Frisur gewichen. Aus dem schneidigen Radprofi war ein etwas fülliger Eurosport-Kommentator geworden, der sich zeitweise auch als Radsport-Veranstalter versuchte. Am Tag vor der Veröffentlichung seine Buches «Nous étions jeunes et insouciants» (Wir waren jung und sorglos) machte Fignon seine Krankheit öffentlich und sprach auch über Doping.
Während seiner Karriere, in der er 1989 auch den Giro d'Italia und den Frühjahrs-Klassiker Mailand-San Remo (88/89) gewann, hätte er «wie alle» Amphetamine und Cortison genommen, «niemals Wachstumshormone oder EPO, das mir 1993 angeboten wurde». Er könne nicht sagen, ob Medikamenten-Missbrauch während seiner Radsport- Karriere schuld an seiner schweren Erkrankung sei. «Ich habe den Ärzten offen gesagt, was ich genommen habe. Sie sagten, verglichen mit dem heute Üblichen in Radsport-Kreisen ist das ein Witz und als Erklärung für meinen Krebs zu simpel», sagte Fignon. Heute sei es noch zu früh zu sagen, wie die nachfolgenden Generationen Doping verkraften würden: «Das wird man später sehen». Zu seiner Zeit hätten laut Fignon «alle dasselbe gemacht, wie sie es heute auch tun».
Der Brillenträger, der den Touch des Intellektuellen pflegte, will wie in seinem früheren Leben als Profi nicht resignieren. «Ich weiß nicht, wie lange mir noch bleibt, aber ich bin Optimist und werde kämpfen und gewinnen», sagte Fignon, der seinen ersten Tour-Triumph dem Sturzpech seines Landsmannes Pascal Simon zu verdanken hatte. Ein Jahr später 1984 bestätigte Fignon aber den Sieg bei seiner Tour- Premiere und machte seine Meisterprüfung, als er sogar den großen Bernard Hinault zum Mitfahrer degradierte.
Fignons verlorener Sekunden-Poker fünf Jahre später gegen LeMond um lächerliche acht Sekunden ist als knappste Niederlage seit 1947 in die Geschichte der Tour de France eingegangen.