Freiburg (dpa) - Nach der Zweijahressperre durch den Internationalen Sportgerichtshof CAS und einer viel kritisierten Erklärung zu den Doping-Vorwürfen wollte Jan Ullrich endlich den Schlussstrich unter seine Vergangenheit ziehen. Doch jetzt deutet einiges auf eine Fortsetzung hin.
Die Staatsanwaltschaft Freiburg könnte den einzigen deutschen Tour-de-France-Gewinner als Zeuge in den Ermittlungen gegen die Uniklinik Freiburg laden. «Eigentlich sind wir fertig. In den nächsten Wochen wird entschieden, ob es eine Hauptverhandlung geben, oder ob das Verfahren eingestellt wird», erklärte der zuständige Oberstaatsanwalt Christoph Frank auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. «Theoretisch» sei es möglich, dass Ullrich als Zeuge geladen wird. Tendenzen zur bevorstehenden Entscheidung - Prozess oder nicht - wollte Frank nicht preisgeben: «Es gibt keine Wasserstandsmeldungen».
Bei den noch andauernden Ermittlungen im Fall der Dopingvorwürfe gegen die Sportmedizin der Uni Freiburg geht es laut Frank auch um den Vorwurf der Körperverletzung durch unsachgemäße Bluttransfusionen gegen den ehemaligen Freiburger Mediziner und Ex-Telekom-Teamarzt Andreas Schmid. Auch gegen den zweiten, ehemaligen Mannschafts-Arzt Lothar Heinrich werde ermittelt. In ihrem Abschlussbericht am 13. Mai 2009 war eine externe Doping-Untersuchungskommission der Uniklinik Freiburg zu der Erkenntnis gekommen, «dass im Team Telekom/Team T-Mobile von 1995 bis 2006 durch die beiden Ärzte Dr. Heinrich und Prof. Schmid systematisch gedopt wurde». In diesem Zusammenhang war auch der Name des noch aktiven Andreas Klöden gefallen, der Eigenblutdoping vorgenommen haben soll. Der Radprofi des Teams Nissan-Radioshack hat Doping stets bestritten.
Über eine mögliche Vorladung nach Freiburg «machen wir uns im Moment keine Gedanken - Jan hat das jetzt alles abgeschlossen», sagte Ullrich-Manager Falk Nier, der einräumte, dass «juristische Zwänge» die persönliche Ullrich-Erklärung nach der CAS-Entscheidung beeinflusst hätten. Im Anschluss an das Urteil hatte der 38-jährige Ex-Profi in der vergangenen Woche eine Stellungnahme abgegeben, die nicht sehr zur Aufarbeitung der Doping-Vorwürfe durch den CAS beigetragen hatte. Im Kern hatte Ullrich lediglich zugegeben, was längst erwiesen war: Er räumte Kontakte zu dem mutmaßlichen spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes ein.
Über die öffentliche Kritik an den Ullrich-Auslassungen war Nier «nicht erstaunt». In einem Interview der Zeitung «Die Welt» (Dienstag) hatte Ullrichs früherer Teamkollege Jörg Jaksche Verständnis für die Zurückhaltung des Wahlschweizers geäußert. «Allein schon aus juristischen Gründen konnte er nicht mehr sagen», erklärte der geständige Doper Jaksche und verwies in diesem Zusammenhang auf eidesstattliche Erklärungen Ullrichs aus den vergangenen Jahren.
Auch eine gemütliche Runde als Hobbyradler könnte für Ullrich schwierig werden - zumindest hierzulande. Ullrichs neuer Werbepartner prüfe laut Nier, ob der Tour-Sieger von 1997 wie geplant bei einem Jedermann-Rennen am 12. August in Bielefeld am Start stehen kann oder in «anderer Form präsent sein wird». Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hatte am Vortag deutlich gemacht, dass die CAS-Sperre bis August 2013 auch für Hobbyrennen gelte.