Bourg-Lès-Valence (dpa) - Der Brite Mark Cavendish hat den Sprint-Hattrick perfekt gemacht und mit dem 13. Tour-Etappensieg seinen Lehrmeister Erik Zabel übertroffen.
Das Columbia-Ass Cavendish entschied bei der 97. Frankreich-Rundfahrt die dritte Massenankunft in Serie für sich und hat schon im zarten Alter von 25 Jahren Sprint-Legenden wie Zabel und Mario Cipollini hinter sich gelassen
Allerdings wurde Cavendishs ungemein wichtiger Anfahrer Mark Renshaw wurde von der 97. Tour de France ausgeschlossen, nachdem der Australier den Neuseeländer Julien Dean mit drei Kopfstößen und einem leichten Check im Finale aus dem Weg geräumt hatte. «Das war eine Jury-Entscheidung alter Männer, die keine Ahnung haben. Diese Entscheidung verletzt den Sport», schimpfte Columbia-Sportdirektor Rolf Aldag, der die Jury nach der Entscheidung persönlich noch umstimmen wollte.
Einmal in Rage, war der frühere Telekom-Profi im Ziel in Bourg-Lès-Valence kaum mehr zu bremsen. «Dean hat versucht, Renshaw in den Zaun zu fahren. Mark hat sich nur gewehrt und das richtig gemacht. Die erste unkorrekte Aktion kam von Dean», wetterte Aldag, den auch Cavendishs dritter Streich bei der 97. Tour de France nur schwer beruhigen konnte: «Etwas Schlimmes wurde uns angetan, darauf haben wir reagiert.» Für die beiden letzten prognostizierten Massenankünfte in Bordeaux und Paris sei der Jury-Spruch natürlich ungünstig: «Aber jetzt geht es weniger um Cavendish als um Renshaw.»
Cavendish selbst war tiefgeknickt, dass sein wichtigster Helfer und Freund «wegen irregulärer Fahrweise» die Tour nur noch vor dem Fernseher verfolgen kann. «Ich bin sehr traurig über diese Entscheidung, aber ich muss sie akzeptieren», sagte der unglückliche Tagessieger Cavendish.
Durch die heftige Rangelei der beiden Radprofis aus Übersee verkam sein souveräner Etappensieg vor dem Italiener Alessandro Petacchi und dem US-Sprinter Tyler Farrar fast zur Randnotiz. Eine ganze Schar von Journalisten umzingelte nach der 184,5 Kilometer langen Etappe den Columbia-Boss, alle verlangten nach Aufklärung. Zabel versuchte vor dem Jury-Spruch noch die Dramatik herunterzuspielen: «Solange alle auf dem Rad bleiben, ist es in Ordnung.»
Dass ihn Columbia-Ass Cavendish mit seinem 13. Tour-Etappensieg in der ewigen Bestenliste schon im zarten Alter von 25 Jahren überflügelt hat, war für den 40-Jährigen ein komisches Gefühl. «Es sind zwei Herzen, die in meiner Brust schlagen», meinte Zabel nach Cavendishs Sprint-Hattrick. «Wenn so ein Junge vorbeizieht, ist das schon schön; aber wenn man einen Platz im Ranking nach unten rutscht, eher nicht.» Aber Zabel weiß auch: «Das ist jetzt mein Job.»
Vor der anspruchsvollen Ankunft am folgenden Tag in Mende bleibt im Gesamtklassement an der Spitze noch einmal alles beim Alten. Andy Schleck versetzt das Großherzogtum Luxemburg weiter in helle Aufregung und verteidigte das Gelbe Trikot mit 41 Sekunden Vorsprung auf Vorjahressieger Alberto Contador. Der in den Alpen gedemütigte Lance Armstrong scheint sich aufs Altenteil zurückgezogen zu haben, denn der 38 Jahre alte Rekordsieger rollte nur mit.
Das trifft seit Tour-Beginn auch auf die Milram-Mannschaft zu. Sportlich läuft fast nichts zusammen - Gerald Cioleks zweiter Platz in Montargis ausgenommen. Am Vortag hatte sie eine weitere große Chance vertan, sich mit Tatendrang zu präsentieren. Die Standpauke von Teammanager Gery van Gerwen («Fluchtgruppe verschlafen») und Teamchef Ralf Grabsch («verschenkter Tag») kam zu spät.
Der Chef des Milram-Teams wollte den Druck auf seine müde Truppe durch starke Worte «am Donnerstag erhöhen». Aber die 11. Etappe würde den Sprintern gehören, das war von vornherein klar und so hatten Ausreißer diesmal nur geringe Erfolgschancen. Ein Spanier und zwei Franzosen versuchten es trotzdem. Sie kamen bis Kilometer 166 - dann übernahmen die Teams der Sprinter die Initiative. Und wieder gab es eine Enttäuschung für Milram: Topsprinter Ciolek wurde nur Zehnter.