Paris (dpa) - Der zweimalige Tour-Sieger Laurent Fignon ist tot. Der Franzose erlag einem Krebsleiden. Die vergangene Tour de France begleitete er als Fernseh-Kommentator mit leiser, brüchiger Stimme. Am 12. August hatte der Ex-Radprofi seinen 50. Geburtstag gefeiert.
«Ich möchte nicht mit 50 sterben», hatte der krebskranke Laurent Fignon vor Beginn der vergangenen Tour de France gesagt. 18 Tage nach seinem runden Geburtstag ist der zweimalige Tour-Sieger dem Bauchspeicheldrüsen-Krebs erlegen, bestätigte am 31. August der französische TV-Sender France 2, für den der Ex-Profi Fignon - früheres Erkennungszeichen: Nickelbrille und langer blonder Pferdeschwanz - die Schlüsseletappen der 97. Frankreich-Rundfahrt kommentiert hatte.
Sogar Präsident Nicolas Sarkozy kondolierte und nannte Fignon «einen außergewöhnlichen Champion, der Spuren in der Geschichte der Tour und des französischen Radsports hinterlassen hat». Tour-Direktor Christian Prudhomme würdigte den Verstorbenen, der seine Ehefrau Valerie und einen Sohn aus der vorangegangenen Ehe hinterlässt: «Laurent hat verbissen bis zum Ende gekämpft. Aber es hat nicht gereicht. Er war ein von allen respektierter Mann.»
Fignons dramatischer Kampf gegen den Krebs fand im Juli in der Öffentlichkeit statt. Fast jeden Tag vor einem Millionenpublikum. «Ein Tumor drückt auf eine Stimmlippe. Deshalb höre ich mich so an. Ich hoffe, dass ich wieder gesund werde und die Stimme zurückkommt.» So hatte der Tour-Sieger von 1983 und 1984 der Zeitung «Le Parisien» sein hörbares Handicap erklärt. Der profunden Kompetenz seiner Renn-Analysen tat das keinen Abbruch.
Kahlköpfig saß er bei der Tour zum Auftakt in Rotterdam und danach in den Alpen und Pyrenäen auf dem Kommentatoren-Stuhl. Er war in seinen Beurteilungen kompromisslos und auch zu Späßen aufgelegt. Eigentlich ging es bei der TV-Übertragung immer lustig zu. Ernster wurde es am letzten Tag in Paris, als er sich von den Zuschauern und seinem Kommentatoren-Team verabschiedete. Es sollte ein Abschied für immer werden.
«Das ist ein Schock, gerade weil es einen aus meiner Generation getroffen hat. Ich bin mit Fignon öfter Rennen zusammen gefahren, 1987 als ich bei der Vuelta Zweiter wurde, war er Dritter. Er war sehr ehrgeizig, im Umgang aber unkompliziert - ein netter Kerl», erinnerte sich Ex-Profi Reimund Dietzen (51) an seinen ehemaligen Kontrahenten. «Allez Laurent», hatte Lance Armstrong getwittert, als er vom letzten Aufbäumen des Franzosen gegen die Krankheit erfahren hatte. «Er wird uns allen fehlen», sagte Armstrong, der eine Hodenkrebserkrankung überstand, am Todestag.
Sportlich war Fignon bei der Tour vor 21 Jahren zur tragischen Figur geworden. In der Endabrechnung nach mehr als dreiwöchiger Tortur war er Greg LeMond um lumpige acht Sekunden unterlegen - der knappste Rückstand der Tour-Geschichte. Am 23. Juli 1989 verlor Fignon das abschließende Zeitfahren über 24,5 Kilometer von Versailles auf die Champs Elysées. LeMond hatte gegen den guten Zeitfahrer aus Paris in einer unglaublichen Triumphfahrt 58 Sekunden gutgemacht: Fignon weinte, die Radsport-Nation Frankreich trauerte. «Das ist zu viel für einen Menschen», fasste Fignon damals seine maßlose Enttäuschung zusammen.
Mit Armstrong war Fignon seit dessen Krebs-Diagnose 1996 befreundet. Nach Vermittlung des Texaners hatte sich Fignon zu Beginn des Jahres von einem Spezialisten in den USA behandeln lassen. «Ich habe meine Ärzte angewiesen, mir nicht mitzuteilen, wie hoch meine Überlebenschancen sind. Ich kämpfe weiter», hatte Fignon vor dem Tour-Start erklärt.
Im Vorjahr hatte er ein Buch mit dem übersetzten Titel «Wir waren jung und unbekümmert» veröffentlicht. In den folgenden Interviews nahm er auch Stellung zu möglichen Zusammenhängen zwischen eigenen Doping-Praktiken während seiner aktiven Zeit und seiner Krankheit. Die Dosen und Medikamente, die damals laut Fignon üblich gewesen seien, «sind im Vergleich zur heutigen Praxis ein Witz, behaupteten die Ärzte».