Leeds (dpa) - Jens Voigt macht sich auf seine alten Tage bei der «Grande Nation» doch noch unbeliebt. Auf die Frage zum WM-Viertelfinale der deutschen Mannschaft gegen die Equipe tricolore bekamen die französischen Journalisten ganz und gar nicht die gewünschte Antwort.
«2:1 für Deutschland. Wir sind mit einem großen Titel mal wieder dran», sagte Voigt zwei Tage vor dem Start der Tour de France in Leeds. Die Franzosen werden ihm die Heimatverbundenheit in Sachen Fußball verzeihen, genießt er ansonsten doch bei den Gastgebern höchste Sympathiewerte wie etwa Thomas Voeckler.
Und bei seiner Abschiedsvorstellung fährt der Publikumsliebling sogar in die Rekordbücher. Wenn der 42-Jährige am Samstag beim Grand Départ seine erste Pedalumdrehung bewältigt hat, ist er ganz offiziell Rekord-Teilnehmer des «Grand Boucle». Mit 17 Starts beim bedeutendsten Radrennen der Welt steht der Mecklenburger aus Berlin zusammen mit den nicht mehr aktiven George Hincapie (USA) und Stuart O'Grady (Australien) an der Spitze der Tour-Treuen.
«Der Rekord bei Etappensiegen wäre mir lieber», sagte Voigt, der im September 43 Jahre alt wird. Bisher gewann er zwei Etappen (2001 und 2006) und trug zweimal für je einen Tag das Gelbe Trikot (2001 und 2005). Und doch dürfte es Bestätigung seines nimmermüden Einsatzes sein.
Voigt wird die 3663,5 Kilometer bis Paris wahlweise genießen und verfluchen. «Bei der Tour de France erlebt man das gesamte Spektrum der Gefühle. Es wird Tage geben, da werde ich sagen: 'Ich kann nicht mehr. Ich gebe auf.' Und es wird Zeitpunkte geben, da fahre ich durch die Sonne und denke, dass ich den schönsten Sport ausübe.»
Wichtig ist aber vor allem eins: Voigt will am 27. Juli in Paris heil ankommen. Vor den ersten vier, fünf Tagen habe er Bammel. Voigt hat es in den 17 Jahren selbst miterlebt, wie das Rennen an Hektik und Härte zugenommen hat. Die größten gesundheitlichen Tour-Proben musste er 2009 bei einem folgenschweren Sturz mit einem Jochbeinbruch und ein Jahr später mit einer weiteren schmerzvollen Bruchlandung bestehen.
Ob sein Körper noch Ausreißer-Attacken wie zu besten Zeiten zulässt, kann er nicht sagen, er spüre allmählich sein Alter. In erster Linie sei er im Team «Mädchen für alles». Da es bei Trek aufgrund der Formschwäche von Andy und Fränk Schleck keinen Fahrer mehr für das Gesamtklassement gibt, darf er sicher seine Freiheiten ausspielen.
Zum Saisonende ist aber definitiv Schluss, eine 18. Tour wird es nicht geben. Und dann? «Ich habe sechs Kinder. Da ist genug zu tun», sagt der Oldie, der aber weiter im Radsport tätig sein will. Mit seiner Frau habe er sich auf eine Übergangszeit geeinigt. Er werde weiter unterwegs sein, aber nicht mehr soviel. Im Trek-Team will er bleiben, vielleicht ein Buch schreiben.