Zwenkau (dpa) - Tony Martin kommt seiner Bestform immer näher. Der Zeitfahr-Weltmeister hat sich von seinem schweren Sturz Mitte April erholt, nun geht er mit großem Optimismus in die am Samstag beginnende 99. Tour de France.
Den letzten Form-Check bei den deutschen Meisterschaften bestand er mit Bravour, im Einzelzeitfahren in Zwenkau distanzierte der 27-jährige den Ex-Weltmeister Bert Grabsch (Wittenberg) um fast 90 Sekunden. Nach einigen Tagen Erholung im heimischen Kreuzlingen reist der Wahl-Schweizer am Mittwoch in den belgischen Tour-Startort Lüttich. «Ich gehe mit 95 Prozent in die Tour. Im Optimalfall kann ich mich da noch um drei, vier oder sogar fünf Prozent steigern», sagte Martin.
Bei der Frankreich-Rundfahrt hat der Zeitfahr-Weltmeister vor allem den Prolog und die beiden schweren Einzelzeitfahren nach Besancon (9. Etappe) und Chartres (19. Etappe) im Blick. «Wichtig ist für mich ein Etappensieg. Wenn das Gelbe Trikot mit abfällt, ist es umso schöner», erklärte Martin, der sich neben dem zweiten nationalen Titel vor allem über technische Fortschritte freute. Nach einer Regeländerung des Weltverbandes UCI hat der gebürtige Cottbuser jetzt wieder die optimale Position auf dem Zeitfahrrad gefunden. «Er ist gefahren wie ein Moped», meinte sein Berater Jörg Werner.
Auf Klassement will der Lausitzer in Frankreich nicht fahren. «Die Gesamtwertung spielt für mich keine Rolle», betonte Martin, der ganz vorn den Briten Bradley Wiggins und den Australier Cadel Evans erwartet. Andreas Klöden, Tour-Zweiter 2004 und 2006, traut er eine Außenseiterrolle und Platz drei zu: «Er ist für mich der Geheimfavorit. Andreas ist ebenfalls ein sehr starker Zeitfahrer. Und er schafft es immer wieder, sich aus dem Nichts auf die Highlights vorzubereiten.»
Mit der Konzentration vor allem auf die Zeitfahren will Martin den Spagat zwischen Tour und Olympischen Spielen schaffen. In London ist der Weltmeister im Kampf gegen die Uhr am 1. August die große Hoffnung des deutschen Verbandes. Er versucht, sich selbst den Druck zu nehmen. «Ziel sind ganz klar die Medaillen. Ob ich wie vor der WM 2011 eine Ansage für Gold machen kann, werde ich von der Tour de France abhängig machen», sagte Martin.
Wer der zweite Zeitfahrer in London neben Martin wird, ist derzeit ebenso unklar wie die exakte Besetzung des Straßenkaders. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) verständigte sich am Rande der Meisterschaft neben Tony Martin mit Marcus Burghardt (Venusberg), John Degenkolb (Erfurt), Bert Grabsch (Kreuzlingen/Schweiz), André Greipel (Rostock), Christian Knees (Bonn) und Marcel Sieberg (Castrop-Rauxel) auf sechs weitere Fahrer. Am Montag sollen dann aus diesem Kreis fünf Profis sowie ein Ersatzfahrer dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zur Nominierung vorgeschlagen werden.