Berlin (dpa) - Die offensichtlich bevorstehende Doping-Beichte von Lance Armstrong wird inszeniert wie ein Showdown. Oprah Winfrey, die amerikanische Talkshow-Ikone, hat angekündigt, den überführten Radsport-Doper in ihrer Show am 17. Januar exklusiv zu interviewen.
Das Gespräch findet in Armstrongs Haus in Austin/Texas statt. In der Mitteilung von Winfreys Kabelkanal OWN hieß es, er werde sich zum Thema äußern. Kurz zuvor hatte die «New York Times» berichtet, Armstrong, der bisher alle Dopingvorwürfe bestritten hatte, denke über ein Geständnis nach.
Das könnte bedeuten: Der auf Lebenszeit gesperrte Armstrong packt aus. Großen Neuigkeitswert hätte eine Beichte aber nur, wenn der 41-jährige Texaner auch seine Verbindungen zum angeblich korrupten Weltverband UCI preisgibt. Beendet der einstige Tour-Dominator sein hartnäckiges Leugnen und sagt umfassend aus, könnte dem Profiradsport in der jetzigen Form sogar das Aus drohen. Ex-Profi und Doping-Kronzeuge Jörg Jaksche hatte in einem dpa-Gespräch nur wenige Tage zuvor erklärt, es stünde der Branche ein «Sabbatjahr» bevor, wenn «er zu 100 Prozent gesteht».
Am Mittwoch wurde ein weiteres Detail über Armstrongs frühere Praktiken bekannt. Im Jahr 2004 soll er versucht haben, den Chef der US-Anti-Doping-Agentur, Travis Tygart, zu bestechen - in Form einer Spende von 250 000 Dollar. Das geht aus einem Bericht der TV-Sendung «60 Minutes Sport» hervor. Tygart betonte in dem Beitrag, dass Armstrong seiner Agentur die Summe offeriert habe. «Ich war perplex. Für die USADA war das ein klarer Interessenkonflikt. Wir haben nicht gezögert, das Angebot abzulehnen», sagte Tygart am Dienstag (Ortszeit). Der Verdacht liegt nahe, dass Armstrong versucht hat, die USADA zur Einstellung ihrer Ermittlungen zu bewegen.
Diese Form von Spenden ist von Armstrong bekannt. So geriet die Union Cycliste Internationale (UCI) unter ihrem damaligen Präsidenten Hein Verbruggen wegen einer Geldzuwendung unter Verdacht, eine auffällige Doping-Analyse Armstrongs von der Tour de Suisse 2001 nicht veröffentlicht zu haben. Es folgten mysteriöse Spenden von Armstrong an die UCI in Gesamthöhe von 125 000 Dollar. Den Grund für die noble Gabe konnte die UCI bis heute nicht schlüssig erklären.
Unter Tygart hatte die USADA seit Februar 2012 akribisch gegen Armstrong und die von ihm geschaffenen Doping-Strukturen in seinen Teams ermittelt. Es wurden 26 Zeugen befragt - darunter auch Jaksche - und hieb- und stichfeste Beweise gesammelt. Im Oktober war die USADA-Anklage fertig. Armstrong erhob keinen Widerspruch und äußerte sich seitdem zum Thema direkt nicht mehr. Der einstige Held der Branche wurde wegen Dopings hart bestraft. Er verlor alle seine sieben Tour-de-France-Titel, die er zwischen 1999 und 2005 angehäuft hatte und wurde auf Lebenszeit gesperrt. Der Radsportweltverband UCI unter seinem umstrittenen Präsidenten Pat McQuaid akzeptierte auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz Ende Oktober auf dem Genfer Flughafen das rigide USADA-Strafmaß.
McQuaid, der Armstrong wie auch einige Politiker jahrelang hofiert hatte, brach alle Brücken zu seinem Freund aus Austin ab und erklärte: «Armstrong hat keinen Platz mehr im Radsport.» Der Ire hatte am Vortag seinen Sitz im Exekutiv-Komitee und im Gründungsrat der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA verloren. Ihm könnte nun - wie seinem ehemaligen Intimus - die totale Demontage drohen, wenn Armstrong umfassend auspackt. Die Oppositionsgruppe «Change Cycling Now» hatte als Alternativ-Präsidenten bereits den dreifachen Toursieger und Armstrong-Kritiker Greg LeMond ins Spiel gebracht.