Berlin (rad-net) - Das niederländische 1t4i-Radsport-Team stellt sich vor seine Profis Marcel Kittel, John Degenkolb und Patrick Gretsch, die vom umstrittenen Thüringer Sportmediziner Andreas Franke am Olympiastützpunkt in Erfurt behandelt worden waren. Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) lässt unterdessen eine Entscheidung über eine Suspendierung von Bahnfahrer Jakob Steigmiller offen. «Wir müssen nun abklären, inwieweit wir Steigmiller noch einsetzen oder nicht», sagte BDR-Sportdirektor Patrick Moster.
«Jakob hat der NADA offen und ehrlich mitgeteilt, was wann und wie gelaufen ist. Er hat sich als Sportler nichts zuschulden kommen und lassen. Er hat den Arzt gefragt, ob die Behandlung zulässig ist», sagte Jörg Werner, Teamchef von Steigmillers Mannschaft Thüringer Energie, der Nachrichtenagentur «dapd».
«Das gesamte Ergebnismanagement haben wir an die NADA abgetreten. Bevor wir mögliche Entscheidungen treffen können, müssen wir uns über den Sachstand in Kenntnis setzen», so Moster weiter. Der BDR hatte in einer Stellungnahme bestätigt, dass bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) «nach erfolgtem Ergebnismanagement ein Verfahren gegen einen Radsportler eingeleitet wurde.» Es werde nun überprüft, «ob es einen Verstoß durch den Athleten gegeben hat und ob es dabei ein Verschulden des Sportlers gibt.»
Auch das Team 1t4i teilte in einer Pressemitteilung mit, dass Marcel Kittel, Patrick Gretsch und John Degenkolb nicht unter Verdacht stünden und nicht gegen die Anti-Dopingregeln verstoßen hätten. «Sie sind ebenfalls keine Verdächtigen in der Untersuchung», so die Teamleitung von 1t4i, ehemals Skil-Shimano. «Dieser Stützpunkt ist der offizielle Ansprechpartner für verschiedene Sportler unterschiedlicher Sportarten aus dieser Region, so auch damals für Kittel bei Gesundheitsproblemen.»
Der Weltverband UCI und die niederländischen Anti-Doping-Behörden sollen derweil keine Bedenken gegen weitere Starts der drei Rennfahrer in den nächsten Wochen geäußert haben.
Franke hatte das Blut verschiedener Sportler mit UV-Strahlen behandelt, angeblich zur Hilfe bei Infekterkrankungen. Die Methode ist in Osteuropa weit verbreitet, um das Immunsystem von Patienten mit einer Infektion zu stärken. Dem Körper werden dabei wenige Milliliter Blut mit einer Spritze entnommen und sofort unter UV-Licht gehalten, um der Infektion im Blut entgegen zu wirken. Dieses Blut wird danach direkt wieder zurück in den Körper gespritzt. Es handelt sich nicht um eine Infusion oder Transfusion.
Details waren am Sonntag bei einem Bericht in der «Sportschau» auf dem Fernsehsender ARD bekanntgeworden. Nach Informationen der «Sportschau» wurde ein Ermittlungsverfahren gegen Steigmiller sowie Eisschnellläuferin Judith Hesse eingeleitet worden. Weitere Sportler vor allem aus dem Eisschnelllauf, der Leichtathletik und dem Radsport sollen betroffen sein, hieß in dem Bericht.
BDR-Stellungnahme im Wortlaut: |
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hat im Jahr 2011 als erster olympischer Spitzenverband das komplette Ergebnismanagement in Anti-Doping-Angelegenheiten an die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) übertragen.
Die für das Ergebnismanagement zuständige Organisation (nach Vereinbarung des Verbandes mit der NADA) ist gemäß NADA-Code (Artikel 7 - Ergebnismanagement) verpflichtet, nach schriftlicher Anhörung des Athleten ein Verfahren einzuleiten, wenn ein Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen nicht ausgeschlossen werden kann. Danach wird im Rahmen der Anhörung vor dem DIS (Deutsches Institut für Sportschiedsgerichtsbarkeit) geklärt, ob es einen Verstoß durch den Athleten gegeben hat und ob es dabei ein Verschulden des Sportlers gibt. Die NADA hat den BDR vor einer Woche darüber informiert, dass nach erfolgtem Ergebnismanagement ein Verfahren gegen einen Radsportler eingeleitet wurde. Dieses Vorgehen entspricht in jedem Punkt den vorgegebenen Regeln und der BDR hat volles Vertrauen in die Arbeit der NADA.
Die Unterlagen der Staatsanwaltschaft Erfurt liegen beim BDR nicht vor, so dass keine inhaltlichen Aussagen zu den Vorgängen in Erfurt gemacht werden können.
Außerdem wird der Bund Deutscher Radfahrer bis zur Klärung der Schuldfrage keine Stellungnahme zu spekulativen Anschuldigungen in den Medien abgeben.
30. Januar 2012 |