Rodez (dpa) - Für John Degenkolb soll es einfach nicht sein. Auch in Rodez fährt er auf der Hitze-Etappe wieder knapp an seinem ersten Tagessieg vorbei. Der 26-Jährige wird Vierter, es jubelt der Belgier Greg van Avermaet.
Mit einer Eisweste brachte sich der völlig entkräftete Degenkolb nach der Hitzeschlacht von Rodez wieder auf Normal-Temperatur - gegen die große Enttäuschung half aber auch keine Kühlung. «Ich bin traurig und muss mich beim Team entschuldigen. Die Mannschaft hat soviel gearbeitet, alles lief perfekt, aber im Finish haben mir die Kräfte gefehlt», sagte Degenkolb, nachdem er am Freitag mit dem vierten Platz wieder an dem so sehnlichst gewünschten ersten Etappensieg bei der Tour de France vorbeigefahren war.
Dabei schien die Bühne bereitet. Die Giant-Alpecin-Mannschaft mit dem unermüdlichen Kämpfer Simon Geschke hatte die Ausreißer pünktlich zum Finale eingeholt und ihren Kapitän in Position gebracht, doch beim brutalen Ausscheidungssprint bergauf hatte Degenkolb nicht mehr das nötige Stehvermögen. Klassikerspezialist Greg van Avermaet holte sich am Ende der 13. Etappe nach 198,5 Kilometern von Muret nach Rodez vor dem Slowaken Peter Sagan und dem belgischen Landsmann Jan Bakelants den Sieg. Direkt hinter Degenkolb wurde der Rostocker Paul Martens Fünfter.
Im Zielbereich sanken die Fahrer dann bei Temperaturen von fast 40 Grad reihenweise zu Boden, auch Spitzenreiter Christopher Froome sprach von einer «harten Etappe». Doch egal ob bei Regen oder Hitze - der Brite ist derzeit unter allen Bedingungen Herr der Lage. Froome schaltete sich sogar in den Schlusssprint mit ein und wurde vor seinen Rivalen Sechster. «Es bestand die Gefahr, dass die Klassementfahrer bei dem Anstieg etwas ausprobieren», erklärte Froome und blickte schon Richtung Paris: «Es war ein weiterer Tag, der uns dem Ziel näher bringt. Ich bin in einer großartigen Position.»
Wohl wahr, der Brite liegt in der Gesamtwertung weiter deutlich vor dem Amerikaner Tejay van Garderen (2:52 Minuten zurück) und Nairo Quintana aus Kolumbien (3:09). Die Konkurrenz scheint zunehmend demoralisiert angesichts der Überlegenheit des Siegers von 2013.
In die Karten spielte der Sky-Mannschaft, dass diesmal Teams wie Giant-Alpecin die Arbeit verrichteten. Denn diesmal war das wellige Terrain komplett auf Fahrer wie Degenkolb zugeschnitten. Doch dem Frankfurter blieb wieder einmal das Happy End verwehrt. Vier zweite und drei vierte Plätze sowie zwei schwere Stürze stehen beim 26-Jährigen seit seinem Tour-Debüt 2013 zu Buche. In Rodez fehlten am Ende sieben Sekunden zur Krönung seines Traum-Jahres 2015, nachdem er im Frühjahr bei den Klassikern Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix triumphiert hatte.
Nicht besser ergeht es Sagan, der seinem ersten Etappensieg seit dem 5. Juli 2013 hinterher fährt. Immerhin baute der Slowake seine Führung in der Punktwertung vor André Greipel weiter aus, da der Rostocker im Finale erwartungsgemäß nicht vertreten war. Entscheidend war der 600 Meter lange Anstieg mit durchschnittlich acht Prozent Steigung kurz vor dem Ziel, wo van Avermaet die größten Kräfte besaß.
Auch Degenkolbs Rennstall Giant-Alpecin muss weiter auf den erlösenden Tagessieg warten. In den Sprints spielte die deutsche Mannschaft ohne den daheimgebliebenen Marcel Kittel kaum eine Rolle, außerdem musste Zeitfahrer Tom Dumoulin nach seinem schweren Sturz auf der dritten Etappe (ausgekugelte Schulter und Bruch im Schultergelenk) bereits die Heimreise antreten. Am Samstag hofft Geschke auf seine Chance: «Ich bin gut drauf, die Etappe könnte mir liegen. Ich hoffe, dass ich freie Fahrt bekomme.»
Bis dahin muss sich wohl auch Froome mit weiteren Verdächtigungen auseinandersetzen. Der Brite reagierte mit großer Verärgerung auf Kommentare der früheren Radprofis Laurent Jalabert und Cedric Vasseur, die inzwischen als TV-Experten tätig sind. Diese seien ein starkes Stück, meinte Froome: «Ich bin richtig enttäuscht, weil viele Leute und Fans noch zu ihnen aufschauen und sie dann einen heutigen Fahrer, einen sauberen Fahrer und ein sauberes Team in Zweifel stellen», sagte Froome mit Blick auf den selbst belasteten Jalabert.
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