Drei Zinnen (dpa) - Vincenzo Nibali hat im dichten Schneetreiben mit einem eindrucksvollen Solosieg die letzten großen Hindernisse auf dem Weg zum größten Erfolg seiner Karriere bewältigt.
Der Sizilianer verteidige mit dem Gewinn der vorletzten Etappe des 96. Giro d'Italia über 210 Kilometer das Rosa Trikot des Gesamtersten und geht mit einem Vorsprung von 4:43 Minuten auf den Kolumbianer Rigoberto Uran auf seine Triumphfahrt am Sonntag Richtung Brescia, wo die Italien-Rundfahrt in diesem Jahr endet.
Die wegen der schlechten Witterungsbedingungen entschärfte 20. Etappe, die in Schlanders gestartet wurde, gewann Nibali im Alleingang. Der 28-Jährige hatte sich auf dem Schlussanstieg zu den Drei Zinnen hinauf von den Konkurrenten abgesetzt und holte mit 17 beziehungsweise 19 Sekunden Vorsprung auf die beiden Kolumbianer Fabio Andres Duarte und Uran den Sieg. Uran verdrängte damit den früheren Tour-de-France-Sieger Cadel Evans (5:52 Minuten zurück) noch vom zweiten Platz in der Gesamtwertung.
Für Nibali wird es der größte Triumph seiner Karriere sein. Nach Platz drei im Jahr 2010 und dem zweiten Rang ein Jahr später reicht es für den 28-Jährigen nun zum großen Coup in seiner Heimat, womit er die Nachfolge des Kanadiers Ryder Hesjedal antreten wird. Auch mit Platz drei bei der Tour de France im Vorjahr und dem Gewinn der Vuelta 2010 hatte Nibali bereits seine Rundfahrt-Qualitäten gezeigt.
Sein Meisterstück hatte Nibali bereits am Donnerstag abgelegt, als er in souveräner Manier das Bergzeitfahren von Mori nach Polsa gewonnen hatte. Über 20,6 Kilometer war er fast eine Minute schneller als Olympiasieger Samuel Sanchez gewesen. Zeitfahr-Spezialist Evans hatte Nibali gar 2:36 Minuten abgeknöpft.
Am Samstag ließ Nibali den nächsten Parforceritt folgen. Nachdem das 19. Teilstück am Freitag gar komplett gestrichen worden war, musste auch die Route der 20. Etappe stark verändert werden. Wegen des anhaltenden Schlechtwetters - schneebedeckte Hänge bildeten auch dieses Mal bei der Fahrt durch Südtirol die Szenerie - mussten die ursprünglich geplanten Dolomiten-Anstiege Karerpass, Passo San Pellegrino und Passo Giau aus dem Programm genommen werden. Immerhin blieb die Bergankunft bei den Drei Zinnen erhalten.
Und da fuhr Nibali in einer eigenen Liga. Wenige Kilometer vor dem Ziel, das sich aufgrund des starken Schneefalls als Wintersportort präsentierte, ließ er die gesamte Konkurrenz stehen und holte seinen zweiten Etappensieg beim diesjährigen Giro. Einen bitteren Tag erlebte Evans, der fast zwei Minuten verlor und auf den dritten Gesamtrang abrutschte. Am Sonntag bleibt den Fahrern immerhin eine «Schneeballschlacht» erspart. Auf der Etappe über 197 Kilometer von Riese Pio X nach Brescia kommen traditionsgemäß wieder die Sprinter zum Zug.