Roubaix (rad-net) - Dylan van Baarle hat sich den Sieg bei der 119. Auflage von Paris-Rouabix gesichert. Der Niederländer von Ineos Grenadiers siegte als Solist vor Wout van Aert (Jumbo-Visma) und Stefan Küng (Groupama-FDJ).
Der erste Teil des 257,5 Kilometer langen Rennens mit fast 55 Kilometern Kopfsteinpflaster wurde von einer großen Spitzengruppe um Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) sowie die drei deutschen Profis Nikias Arndt (DSM), Jannik Steimle (Quick Step-Alpha Vinyl) und Max Kanter (Movistar) bestimmt. Das Feld hatte sich nach rund 50 Kilometern geteilt und etwa 40 Fahrer hatten sich an die Spitze gesetzt. Aus der Gruppe attackierten bei noch 112 zu fahrenden Kilometern Matej Mohoric (Bahrain-Victorious), Tom Devriendt (Intermarché-Wanty-Gobert), Casper Pedersen (DSM), Laurent Pichon (Arkéa-Samsic) und Davide Ballerini (Quick Step-Alpha Vinyl). Und vor allem Mohoric und Devriendt sollten das Rennen bis zum Schluss prägen.
Der zweite Teil des Feldes, in dem alle anderen Favoriten fuhren, hatte seine Mühe, wieder zum ersten Teil aufzuschließen. Es gelang ihnen erst 110 Kilometer vor dem Ziel. Dann zeigte sich zwischenzeitlich auch Nils Politt (Bora-hansgrohe) vorne, als er sich mit einem anderen Fahrer auf die Verfolgung der Fluchtgruppe machte. Über das Kopfsteinpflaster im Wald von Arenberg, dem 20. Sektor bei noch etwa 95 Kilometern bis ins Ziel, wurde die deutsche Hoffnung allerdings wieder zurückgeholt. Aber auch John Degenkolb (DSM) zeigte sich stets gut positioniert.
Unterdessen dezimierte sich auch die Ausreißergruppe. Ballerini fiel durch Defekt zurück, Pedersen konnte das Tempo nicht mehr mitgehen. Zum Feld hatte das Spitzentrio zu diesem Zeitpunkt noch fast zwei Minuten Vorsprung. Auf dem 13. Kopfsteinpflaster-Sektor von Auchy-lez-Orchies à Bersée, 56 Kilometer vor dem Ziel, teilte sich das Feld, beziehungsweise das, was noch davon übrig war. Fortan waren unter anderem mit Van Aert, Mathieu van der Poel (Alpecin-Fenix), Küng, Van Baarle, Yves Lampaert (Quick Step-Alpha Vinyl) nur noch elf Fahrer auf der Verfolgung der Ausreißer. Kurz darauf entschied sich Van Baarle dazu, aus der Verfolgergruppe davonzufahren, während die Spitzengruppe sich auf zwei Mann dezimierte, nachdem Pichon reißen lassen musste. Doch Van Baarle wurde noch einmal wieder zurückgeholt.
37 Kilometer vor dem Ziel erlitt Mohoric Defekt, sodass Devriendt alleine an der Spitze des Rennens zurückblieb. Doch der Slowene gab sich nicht geschlagen. Nachdem er von der Gruppe um Van Aert & Co. eingeholt worden war, griff er 29 Kilometer vor dem Ziel gemeinsam mit Lampaert noch einmal an. Das Duo schaffte es, zu Devriendt aufzuschließen, kurz danach folgte auch Van Baarle. Derweil waren sich die Verfolger nicht mehr richtig einig und es dauerte eine Zeitlang, ehe Jasper Stuyven (Trek-Segafredo), gefolgt von Küng und Van Aert, der zuvor schon zwei Defekte beheben musste und dadurch einiges an Kraft ließ, sich zu dritt auf die Verfolgung machten. Doch auch Stuyven fiel durch Defekt wieder zurück.
18 Kilometer vor dem Ziel witterte Van Baarle seine Chance und griff aus der vierköpfigen Spitzengruppe auf dem Carrefour de l'Arbre, dem letzten richtig schweren Kopfsteinpflasterabschnitt, an. Die letzten drei Kopfsteinpflasterpassagen überstand der 29-Jährige schadlos und gewann schließlich mit 1:47 Minuten Vorsprung. «Ich konnte es nicht glauben, als ich allein ins Velodrom fuhr. Ich habe geschaut, wo die anderen sind. Aber ich war allein. Das war verrückt», sagte Dylan van Baarle. Vor zwei Wochen musste er sich bei der Flandern-Rundfahrt noch mit Platz zwei begnügen.
Bei den drei Verfolgern hatte Devriendt inzwischen reißen lassen müssen, sodass Lampaert und Mohoric um Platz zwei und drei fuhren. Aber sieben Kilometer vor dem Ziel kollidierte Lampaert mit einem Zuschauer, stürzte und wurde aller Podestchancen beraubt. Mohoric, inzwischen von seiner langen Flucht entkräftet, wurde von Van Aert und Küng eingeholt, die in der Zwischenzeit auch Devriendt aufgesammelt hatten. Das Quartett spurtete im Velodrom von Roubaix um den zweiten Rang. Küng trat auf der Gegengeraden an, aber Van Aert hatte die größeren Kraftreserven und spurtete noch an dem Schweizer vorbei. Auch Devriendt kam noch einmal näher, doch musste sich nach seinem langen Tag vorne im Rennen am Ende mit Platz vier zufrieden geben.
Degenkolb wurde 18., Politt folgte auf dem 22. Rang (beide +4:47).