Kreuzlingen (dpa) - «Alte Vorwürfe neu aufgewärmt»: Mit dieser Reaktion kommentierte Jan Ullrich die jüngsten Doping-Anschuldigungen.
Der Tour-der-France-Sieger von 1997 kündigte nach den Enthüllungen im Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» auf seiner Internetseite an, «zu gegebener Zeit» seine Sicht der Dinge erläutern zu wollen. Nach der «Wiederholung von bereits bekannten Vorwürfen» - so Ullrichs Einschätzung neuer, sehr konkreter Verdachtsmomente - wolle er die Diskussion nicht zusätzlich befeuern, erklärte der frühere Radprofi. «Dies werden auch jene zu akzeptieren haben, die mich mit gezielten Provokationen immer wieder in der Öffentlichkeit bloßstellen wollen».
Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass Ullrich in Bälde zusätzliches Licht ins vom «Spiegel» erhellte Dunkel bringen wird. «Er hat mit dem Buch noch nicht mal angefangen. Das dauert», sagte sein Manager Wolfgang Strohband der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ullrich hatte im März angekündigt, in einem Buch offene Fragen zu seiner Vergangenheit beantworten zu wollen. Bislang hat der 35 Jahre alte Wahl-Schweizer Doping stets bestritten.
Da ihn «Familie, Freunde und Fans» auf angeblich drohende strafrechtliche Sanktionen angesprochen hätten, ließ Ullrich über seinen Berliner Anwalt Marcus Hotze mitteilen: Die «Vermutung, unserem Mandanten drohe eine Freiheitsstrafe ist ebenso unsinnig wie die Behauptung, er habe eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben.»
Nach einem «Spiegel»-Bericht hat das Bundeskriminalamt ermittelt, dass sich Ullrich von 2003 bis 2006 insgesamt 24 Mal zu Behandlungen beim mutmaßlichen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes in Madrid aufgehalten haben soll. Eine führende Ermittlerin habe im November 2007 notiert, es könne festgehalten werden, dass Ullrich das Dopingsystem Fuentes genutzt haben soll, «um sich vertragswidrig mit leistungssteigernden Mitteln und Methoden auf seine Wettkämpfe vorzubereiten».
Diese neuesten Enthüllungen könnten Ullrichs Karten im Prozess gegen den Heidelberger Anti-Doping-Aktivisten Werner Franke vor dem Hamburger Landgericht verschlechtern. Das ehemalige deutsche Rad-Idol hatte Franke die Behauptung untersagen lassen, der ehemalige T- Mobile-Profi hätte für Doping-Zwecke 35 000 Euro an Fuentes gezahlt. Die nun im «Spiegel» veröffentlichten BKA-Akten unterstellen Ullrich sogar Investitionen von 80 000 Euro. Für Strohband ist das nur «Windmachen». Franke bausche die ganze Angelegenheit nur auf, erklärte der Ullrich-Manager und fügte hinzu, er sei in dieser Causa «noch nie» vernommen worden.