Florenz (dpa) - Auf Seite drei seiner aufwendigen Bewerbungsbroschüre ist der 62 Jahre alte Präsidentschafts-Kandidat Brian Cookson als aktiver Bahnfahrer in eng anliegender Radsport-Montur zu bewundern. Sollte er am Freitag im Palazzo Vecchio von Florenz nicht an die Spitze des Weltverbandes UCI gewählt werden, sei das «ein trauriger Tag für den Radsport», sagte Cookson - 48 Stunden vor dem «richtungsweisenden Votum», bei dem der einzige Herausforderer den höchst umstrittenen Amtsinhabers Pat McQuaid stürzen will.
Der Brite will den arg in Verruf geratenen Radsport-Weltverband UCI von Grund auf reformieren. Dazu würden gegebenenfalls auch Untersuchungen gegen McQuaid gehören, dem unter anderem Korruption im Zuge der Dopingfälle Lance Armstrong und Alberto Contador vorgeworfen wird.
Im Hotel Adler startete Cookson eine letzte PR-Kampagne, einen Tag, nachdem McQuaid seinerseits grundsätzliche Änderungen im Radsport angekündigt hatte und dem Giro d'Italia im kommenden Jahr beispielsweise drei Ruhetage zugestand. Der weißhaarige Brite kündigte im Falle seiner Wahl die komplette Ausgliederung des Anti-Doping-Managements aus der UCI-Verantwortung an. Er will «das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit» der schwer angeschlagenen Branche wieder herstellen.
Der McQuaid-Hausforderer ist vor der Abstimmung «sehr zuversichtlich. Es hat zuletzt eine Bewegung in meine Richtung gegeben.» 42 Wahlmänner entscheiden am Freitag, wer die nächsten vier Jahre an der UCI-Spitze stehen wird. Die 14 Vertreter aus Europa, einschließlich des BDR-Gesandten Toni Kirsch, wollen in der geheimen Wahl für Cookson stimmen. McQuaid rechnet mit Zuspruch aus Asien und Afrika.
Allerdings muss vorher beim UCI-Kongress erst geklärt werden, ob McQuaids Wahl-Nominierung durch die Verbände Marokkos und Thailands überhaupt rechtmäßig ist. Sein irischer Landesverband und Swiss Cycling - McQuaid wohnt in der Schweiz - hatten seine Nominierung zurückgezogen. Auch wenn gar keine Abstimmung vonnöten wäre, weil der Ire nicht zugelassen wird, wolle sich Cookson «das Vertrauen der Kongress-Abgeordneten» aussprechen lassen. Das sei demokratischer Standard.
Der Brite ist vom Erfolg verwöhnt. Unter seiner Ägide als nationaler Verbandspräsident erlebte der Radsport in Großbritannien einen außerordentlichen Höhenflug auf Bahn und Straße. Letztendlich kann er sich auch ein kleines Stückchen der aufsehenerregenden Erfolge des Sky-Teams der Tour-de-France-Sieger Bradley Wiggins und Christopher Froome gutschreiben.