Limoges (dpa) - Erst das bange Warten nach der Fotofinish-Entscheidung, dann die Erlösung: Marcel Kittel hat seine erste Etappe bei der 103. Tour de France gewonnen.
Sein Jubel nahm im Ziel der längsten Etappe in Limoges kein Ende. «Das hat sich angefühlt wie hundertmal Weihnachten nacheinander», jubelte der Sunnyboy aus Erfurt, der im Vorjahr bei der Tour fehlte. Seine eindrucksvolle Rückkehr nach der Zwangspause 2015 feierte der 28-Jährige ausgelassen.
Der strahlende Sieger umarmte im Chaos des Zielbereichs freudestrahlend einen Teamkollegen nach dem anderen. Währendessen schlich sein deprimierter Landsmann André Greipel, der nach seiner knappen Zielfoto-Niederlage am Vortag gegen Mark Cavendish wieder kein Glück hatte, in den Teambus. «Es tut mir leid für mein Team. Alles lief gut bis 150 Meter vor dem Ziel, aber ich hatte heute keinen Dampf», erklärte der dreimalige deutsche Meister am Dienstag.
Kittel war sich seines Sieges nicht sicher. «Ich wusste, das es knapp war. Ich habe einfach nur gehofft, dass mein Name als erster aus dem Lautsprecher kommt», sagte Kittel, der den um Millimeter geschlagenen Franzosen Bryan Coquard auf Rang zwei zurückließ. «Zurückzukommen war nach dem Vorjahr nicht leicht. Ich bin stolz auf meine Equipe, die heute super gearbeitet hat. Eine Zielfoto-Entscheidung nach 237 Kilometern - das ist schon hart», erklärte Kittel mit Blick auf Coquard weiter.
Kittels Team hatte sich am Dienstag erst im letzten Moment im Finale ganz vorne gezeigt. Mit der diesmal perfekten Vorstellung des Etixx-Quickstep-Teams war ausnahmsweise sicher auch der strenge Chef Patrick Lefevere zufrieden. Am Vortag beim knappen Erfolg von Cavendish gegen Greipel hatte der Patron an seinen Fahren kein gutes Haar gelassen und den Aufbau des «Sprintzuges» kritisiert.
«Es ist ein unheimlicher Druck von uns gefallen. Diesmal haben wir es sicher besser gemacht als gestern. Von jetzt an gehts bergauf», sagte Kittels Teamkollege Tony Martin.
Weltmeister Peter Sagan verteidigte ohne Mühe sein Gelbes Trikot. Der Slowake fuhr in Limoges auf Rang drei und konnte seinen Vorsprung im Gesamtklassement vor Julien Alaphilippe auf zwölf Sekunden ausbauen. «Ich freue mich für Kittel. Das ist ein guter Junge», sagte Sagan.
Auch das deutsche Zweitliga-Team Bora-Argon 18, zum dritten Mal mit einer Wildcard im Rennen, rührt weiter die Werbetrommel in eigener Sache. Am Dienstag fuhr Andreas Schillinger aus Amberg lange in einer vierköpfigen Spitzengruppe, die erst sieben Kilometer vor dem Ziel vom Feld gestellt wurde. Zum Tour-Auftakt hatte sein Teamkollege Paul Voß für Furore gesorgt und für einen Tag das Bergtrikot getragen. In der kommenden Saison will Bora mit Hilfe eines neuen Co-Sponsors in die Radsport-Elite-Liga WorldTour aufsteigen.
Cavendish, der Triumphator des Vortages, hielt sich in Limoges etwas zurück. «Er ist der erfolgreichste Sprinter der Tour-Geschichte», sagte dessen Teamchef Rolf Aldag am Start in Saumur und bestätigte damit nicht nur die Statistiker. Die Zahlen sprechen für den schnellen Briten: Mit 28 Tagessiegen hat er die Bestmarke des vorerst letzten französischen Toursiegers Bernard Hinault egalisiert. Bis zum absoluten Rekord der Radsport-Legende Eddy Merckx fehlen Cavendish noch sechs Siege.
Kittel, der bei der Tour 2013 und 2014 jeweils vier Etappen gewonnen hatte, schraubte seine Marke auf jetzt neun Siege. Seinen letzten bei der Tour hatte er vor knapp zwei Jahren auf den Pariser Champs Elysées verbucht.
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