Aarau/Berlin (dpa) - Den großen Kick gab es beim Testlauf in der Schweiz nicht. Trotzdem zog Jan Ullrich zum Ende der Tour de Suisse zehn Tage vor dem Start der 90. Tour de France eine positive Bilanz.
«In den Bergen und beim Zeitfahren war ich vorne dabei. Im Vergleich zur Deutschland-Tour gab es hier wieder eine deutliche Steigerung», sagte der 29-jährige Olympiasieger, der einen Start-Verzicht für die deutschen Meisterschaften in Spalt bei Nürnberg erwägt, um sich vor dem langen Frankreich-Trip um seine hochschwangere Lebenspartnerin Gaby Weis zu kümmern. Sie erwartet in den nächsten Wochen das gemeinsame erste Kind.
«Die Entscheidung über einen Start-Verzicht liegt bei Jan, und sie fällt morgen. Er hat jetzt zwei schwere Rundfahrten bestritten und muss auch seine Erkältung noch richtig auskurieren. Zwingend notwendig zum weiteren Formaufbau wären die Titelkämpfe sicher nicht», sagte Rudy Pevenage. Ullrichs langjähriger Betreuer und Chef des neuen Bianchi-Teams hat in der Schweiz «einen sehr guten Ullrich» gesehen, «auch, wenn man bedenkt, dass er durch die Erkältung leicht gehandicapt war.»
Rang acht im Gesamtklassement, Platz zwei in Silvaplana auf über 2300 Meter Höhe und Rang drei im 32,5 km-Zeitfahren von Gossau mit angezogener Handbremse: Pevenage sieht seinen Schützling im Plan für die am 5. Juli mit einem 6,5 km langen Prolog am Eiffelturm beginnende Tour de France. «Um die Sturzgefahr zu minimieren, ist Jan das Zeitfahren nicht voll gefahren. Die Fahrer, die gestern vor ihm lagen, fliegen in der Tour in den Bergen weg. Das war hier eine harte Rundfahrt, in der er Selbstvertrauen tanken konnte. Wir sind für die Tour gerüstet», sagte Pevenage vor dem Start der letzten Etappe in Stäfa. Seinen letzten Tour de Suisse-Auftritt 2000 hatte Ullrich als Fünfter beendet.
1997 im Jahr seines Toursieges hatte sich Ullrich zuvor zum ersten Mal das deutsche Meister-Trikot übergestreift, und ihm seit dem besondere Kräfte zugeschrieben. Vor seinem letzten Tour-Auftritt 2001 holte er unter gütiger Mithilfe seines Team-Kollegen Erik Zabel den Titel. Das Trikot sollte ihm in Frankreich wieder Glück bringen. In der Endabrechnung reichte es bekanntlich vor zwei Jahren zum vierten Mal zu Rang zwei. Diesmal scheint Ullrich Rückenstärkung dieser Art nicht nötig zu haben. «Für die Tour dürfte es reichen», sagte er.
Sollte die Meisterschaft für ihn in Spalt ausfallen, stünde in seinem Vorbereitungs-Endspurt bis zur Abreise nach Paris aktive Erholung mit viel Training auf dem Programm.