Salzburg (dpa) - Für die 50,8 Kilometer zwischen Schwarzstraße und Mirabellplatz in Salzburg hat er sich zweieinhalb Wochen im Höhentraining von Livigno gequält. Am 21. September will es der deutsche Zeitfahrmeister Sebastian Lang bei den Rad-Weltmeisterschaften wissen.
«Mein Traum wäre Bronze», sagte der 27-Jährige vom Team Gerolsteiner. «Rogers, Cancellara, Millar, Lang oder Klöden - das sind meine Favoriten für das WM-Podium», meinte Lang, der mit dem gerade errungenen Gesamtsieg der Drei-Länder-Tour aufkreuzt.
Der Erfurter trainiert in Eigenregie. «Trainingslehre hat mich schon immer interessiert», sagt er. Höhentraining ist eine neue Erfahrung für ihn. Bei der Rundfahrt durch Baden-Württemberg, Thüringen und Hessen holte er sich durch einen Sieg im Zeitfahren über 18,5 Kilometer das Gelbe Trikot und merkte, «dass das erste Höhentraining meiner Karriere angeschlagen hat».
Beim Kampf gegen die Uhr in Griesheim bezwang er auch den zweiten deutschen WM-Starter und Tour-de-France-Dritten, Andreas Klöden, der in der kommenden Saison von T-Mobile zu Astana wechselt. «In Salzburg schätze ich Andreas allerdings stärker ein als beim Zeitfahren in Griesheim, zumal ihm das Profil mit den drei Anstiegen mehr liegen dürfte», sagte Lang.
Trotzdem geht er mit Optimismus ins Rennen. Den Härtetest bei der vergangenen Tour de France hat der lange Thüringer, der sich «erst in ein, zwei Jahren in der Weltspitze» sieht, bestanden: Beim Prolog in Straßburg wurde er Vierter, im ersten Zeitfahren Dritter und im letzten auf der vorletzten Etappe Fünfter. «Zeitfahren im Rahmen einer Rundfahrt und als WM-Termin sind verschiedene paar Schuhe», meinte Lang, der zu den Nachdenklichen im Metier zählt.
«Ich meine, er hat sich rehabilitiert - ich glaube an das Gute im Menschen», sagte Lang über seinen Konkurrenten David Millar, der nach seinem Wiedereinstieg in den Wettkampf nach Ablauf seiner zweijährigen Doping-Sperre nicht müde wird zu versichern, dass es «auch ohne» geht. Eine Woche vor dem Tour-Start endete Millars Zwangspause, bei der Vuelta feierte der Schotte im Einzelzeitfahren von Cuenca den ersten Sieg nach langer Durststrecke und machte sich damit zum Mitfavoriten für Salzburg.
In der Doping-Diskussion hat Lang immer unmissverständlich und glaubhaft Stellung gegen Manipulationen bezogen. Vor seinem großen Tag in Salzburg will er allerdings nicht zu sehr im Thema bohren, um Resignation zu vermeiden. «Wenn man wirklich die ganze Wahrheit wüsste, hätte man vielleicht keinen Bock mehr auf Radsport. Ich will deshalb nicht zu sehr nachdenken», sagte Lang, der vor seiner Profikarriere Grafik-Design studieren wollte.
Der mehrfache Zeitfahr-Vize-Weltmeister Michael Rich hatte ihm vom Höhentrainingslager mit Intervall-Fahrten im Tal unterhalb von St. Moritz auf 1800 Meter Höhe abgeraten. Lang tat es doch und wartet auf einen durchschlagenden Erfolg in der Geburtsstadt von Wolfgang Amadeus Mozart. Auf das anschließende Straßenrennen über knapp 270 Kilometer verzichtet er wie Klöden («Der Kurs in Salzburg liegt mir»). Das WM-Finale am 24. Serrptember ist für beide zu diesem späten Saisonzeitpunkt zu schwer.
«Ich verstehe, dass Andreas verzichtete. Unser Verband hat noch versucht, mich zu überreden, obwohl ich von vornherein nur für das Zeitfahren nominiert war. Der Weltverband sollte sich mal überlegen, die Distanz zu verkürzen - dann wären sicher mehr namhafte Fahrer am Start», meinte Lang, der noch bis zum vorletzten ProTour-Rennen Paris-Tours am 8. Oktober durchhalten muss.
Die wiedererstarkte Judith Arndt aus Leipzig will dem Tandem Lang/Klöden durch den ersten WM-Medaillengewinn für den Bund Deutscher Radfahrer bereits am ersten Wettkampftag moralisch Beine machen. Trotz leichter Blessuren nach einem Sturz zählt die Straßen-Weltmeisterin von 2004 über die 26,1 Kilometer zum engsten Favoritenkreis, genau wie am Samstag im Straßenrennen.