Bonn (dpa) - Der 31 Jahre alte Levi Leipheimer vom Team Gerolsteiner hat die bisher schwerste Deutschland-Tour gewonnen.
Dem mit großen Ambitionen gestarteten Jan Ullrich, der im Gesamtklassement 31 Sekunden hinter dem Amerikaner auf Platz zwei landete, blieb das kleine Trostpflaster des Sieges beim Zeitfahren in Weinheim. Der Gerolsteiner-Triumph wurde abgerundet durch Rang drei des Österreichers Georg Totschnig (1:23 Minuten zurück). Den letzten Tagessieg nach 168 Kilometer hatte sich im Massensprint der 1,93 Meter große Italiener Bennati gesichert, der durch seinen dritten Erfolg den inoffiziellen Titel des «Sprinterkönigs» für sich in Anspruch nehmen konnte.
Die Siegerehrung fand ausgerechnet vor der T-Mobile-Zentrale in Bonn statt, aus deren Kasse 110 000 Euro für dieses Vorrecht geflossen waren. «Keine Häme. Man stelle sich vor, eine Tour-de-France-Etappe endet vor unserer Firmenzentrale und ein T-Mobile-Fahrer gewinnt», sagte Hans-Michael Holczer, der Manager der nationalen T-Mobile-Konkurrenz aus der Vulkaneifel, die lange im Schatten des Branchenriesen stand.
«Leistungssport ist kein Wunschkonzert», sagte T-Mobile-Manager Olaf Ludwig, der Ullrich und der Mannschaft keinen Vorwurf machte, «obwohl wir unser Ziel Gesamtsieg verpasst haben». Der unterlegene Ullrich erkannte neidlos an: «Die Gerolsteiner waren einfach besser aufgestellt und insgesamt sehr stark. Sie haben offensichtlich die Tour de France besser überstanden. Wir hatten unter Krankheiten und dem Ausfall Winokurows zu leiden. Meine persönliche Bilanz fällt den Umständen entsprechend gut aus. Ohne meine Erkältung hätte es sicher anderes ausgesehen.»
Der Tour-de-France-Dritte, der sich mit seinem ersten Sieg auf der neuntägigen Rundfahrt durch Deutschland und Österreich über seine erneute Niederlage in Frankreich hinwegtrösten wollte, verpasste den Erfolg in den Bergen. Auf der Königsetappe verlor er gegen den überragenden, ehemaligen Armstrong-Helfer Leipheimer auf 2670 Meter Höhe in Sölden 56 Sekunden. Auf der völlig verregneten Etappe auf den Feldberg kamen noch einmal 30 Sekunden hinzu. Dieser Rückstand war für Ullrich, der bei seinem Zeitfahrsieg am vorletzten Wettkampftag an glorreichere Zeiten erinnerte, auch in seiner Spezialdisziplin nicht mehr aufzuholen.
Der im Vorjahr zu Gerolsteiner gewechselte Leipheimer, vor vier Wochen in Paris im Tour-Finale Sechster, wertete seinen Sieg im «Ullrich-Land» als «größten Erfolg meiner Laufbahn». Nach dem Karriereende Armstrongs, dessen bekannt gewordene Doping-Affäre die Schlussetappe überschattete, kündigte der Amerikaner an, sich im kommenden Jahr ausschließlich auf die Tour de France zu konzentrieren. Anfang September wird er die Saison in seiner Heimat beenden.
Die 7. Deutschland-Tour nach der Wiederbelebung 1999 war nicht nur wegen des Gesamtsiegers, der seinen 27. Karriere-Erfolg feierte, fest in ausländischer Hand. Ullrich sorgte für den einzigen Teilerfolg eines Einheimischen. Dass die hohen Zuschauer-Zahlen des Vorjahres (4,2 Millionen) auf insgesamt 1520 Straßen-Kilometern nicht erreicht wurden, lag am schlechten Wetter. An fünf von neun Tagen regnete es. Vorjahressieger Patrik Sinkewitz (Fulda), im kommenden Jahr Team-Kollege von Ullrich, musste in der Endabrechnung mit Rang zehn zufrieden sein.