Cambrai (dpa) - Als Abschiedsbrief schickte Fabian Cancellara ein Röntgenbild von seinen gebrochenen Lendenwirbeln. Für den 29-maligen Träger des Gelben Trikots endete das Kapitel Tour de France in einem belgischen Krankenhaus.
«Es waren tolle 24 Stunden, nun kam das Pech zurück. Den einen Tag gewinnst du, den anderen verlierst du. Ich behalte das Positive in Erinnerung», sagte der 34-jährige Schweizer, dessen Fahrt in Gelb bei seiner letzten Tour nach einem schweren Massensturz auf so bittere Weise zu Ende gegangen war.
Im hohen Bogen war Cancellara bei dem fürchterlichen Crash 55 Kilometer vor Huy im Graben gelandet, tapfer quälte sich der Berner mit großem Rückstand ins Ziel. Dann war seine Reise beendet. Wie schon Ende März beim E3-Preis in Harelbeke hatte der viermalige Zeitfahr-Weltmeister zwei Brüche im Lendenwirbelbereich erlitten - nur diesmal auf der rechten Seite. «Es war so schwer, nach dem Sturz in Harelbeke wieder in Form zu kommen. Jetzt konzentriere ich mich auf die zweite Saisonhälfte», sagte Cancellara enttäuscht.
Der Olympiasieger von Peking wird zurückkommen - wie so oft in seiner Karriere. 2012 hatte Cancellara bei der Flandern-Rundfahrt einen vierfachen Schlüsselbeinbruch erlitten, als er durch eine Trinkflasche zu Fall gekommen war. Wenige Monate später fuhr er bei der Tour in Lüttich ins Gelbe Trikot. Und im Jahr nach seinem Sturz bei den Sommerspielen in London sowie einer anschließenden Schulter-OP triumphierte er in Flandern und bei Paris-Roubaix erneut.
Die Frühjahrsklassiker werden künftig wieder sein Hauptaugenmerk sein, das Kapitel Tour ist zugeklappt. «Es ist noch nicht offiziell, aber ja: Das ist meine letzte Tour de France. Schließlich beginnt im nächsten Jahr die Tour in Mont-Saint-Michel nicht mit einem Zeitfahren», betonte Cancellara, der auf der zweiten Etappe in Zeeland seine ganze Cleverness gezeigt und Tony Martin den Spitzenplatz dank einer Zeitgutschrift weggeschnappt hatte.
29-mal hatte Cancellara in seiner Karriere das begehrte «Maillot Jaune» auf seinen Schultern getragen - so oft wie kein anderer aktiver Fahrer. Damit führte er bei sechs seiner insgesamt zehn Teilnahmen die Gesamtwertung an, womit er mit Eddy Merckx gleichzog.
Cancellaras Erfolgsserie begann 2004, als er das Auftaktzeitfahren in Lüttich gewann. Vier weitere Male startete er mit einem Sieg in seiner Spezialdisziplin in die Tour und holte sich so jeweils das Gelbe Trikot.
Und auch 2015 hatte er in Frankreich noch einiges vor. Speziell die Kopfsteinpflaster-Etappe nach Cambrai am Dienstag war auf den Routinier perfekt zugeschnitten. «Das Gelbe Trikot hat unserer Mannschaft viel Moral gegeben, wir waren motiviert, es zu verteidigen», sagte Cancellara, dessen Trek-Team nun ohne wirklichen Star dasteht.