Harrogate (rad-net) - Chloe Dygert hat sich überlegen den Zeitfahr-Weltmeistertitel geholt. Bei den Titelkämpfen in Harrogate (Großbritannien) gewann die US-Amerikanerin in 42:11 Minuten für die 30,3 Kilometer mit 1:32 beziehungsweise 1:53 Minuten Vorsprung vor den beiden Niederländerinnen Anna van der Breggen und Annemiek van Vleuten.
Lisa Klein (+2:41) wurde Fünfte, Lisa Brennauer (+3:20) belegte Rang zehn.
Der Start der Frauen war um 40 Minuten nach hinten verlegt worden, zu nass waren die Straßen noch vom starken Regen, der auch Einfluss aufs U23-Rennen hatte und dort zu einige Stürzen führte. In der Zeit wurde Wasserpfützen abgepumpt und Helfer mit Gelben Flaggen bei Gefahrenpunkten auf der Strecke postiert. Bei den Frauen waren die Bedingungen bei Nieselregen etwas besser.
Dygert fuhr in einer ganz anderen Liga. Bereits nach rund zehn Kilometern flog sie an der eine Minute vor ihr gestarteten Brennauer, die 2014 selbst auch schon Zeitfahr-Weltmeisterin war, vorbei und auf ihrem Weg ins Ziel überholte die 22-Jährige noch sieben weitere Fahrerinnen. Schon an der Zwischenzeit nach 14,2 Kilometern lag Dygert 1:10 Minuten vor Van Vleuten, die als letzte Fahrerin gestartet war.
«Ich habe mich wirklich gut auf dieses Rennen vorbereitet und die vergangene Woche mit der dreifachen Olympia-Goldmedaillengewinnerin Kristin Armstrong verbracht», sagte Dygert nach dem Rennen. «Ich war wirklich gut vorbereitet. Wir haben uns dieses Jahr auf dieses Rennen konzentriert. Ich komme von einer Verletzung, meinem Schädel-Hirn-Trauma, zurück und hierauf habe ich mich voll und ganz vorbereitet. Und jetzt freuen wir uns auf Tokio.» Dort wird sie vermutlich sowohl im Einzelzeitfahren auf der Straße als auch auf der Bahn zum Einsatz kommen.
Chloe Dygert ist keine Unbekannte: 2015 wurde sie schon U19-Weltmeisterin im Straßenrennen und im Zeitfahren - damals auch schon mit überragendem Abstand -, zudem gewann sie bereits fünf WM-Titel auf der Bahn in der Einer- und der Mannschaftsverfolgung. Sie ist auch Weltrekordhalterin in der 3000-Meter-Einerverfolgung der Frauen mit einer Zeit von 3:20,060 Minuten.
«Ich habe erwartet, dass sie um den Titel mitfährt», sagte Brennauer im Ziel in Harrogate. «Das war schon eine andere Liga, aber ich bin total glücklich mit meinem zehnten Platz. Ich wollte in die Top-Ten und das habe ich geschafft», strahlte die Allgäuerin, die keinen Respekt vor der technisch anspruchsvollen Strecke hatte. «Wegen des Regens bin ich nicht langsamer gefahren», lachte Brennauer, «aber zum Schluss ging mir die Puste aus. Ich musste unterwegs viel gucken, den Kopf öfter heben, da war ich wohl nicht so aerodynamisch unterwegs.»
Lisa Klein beschrieb den Beginn ihres Rennens als «Blindflug». «Ich bin erst gar nicht ins Rennen gekommen, mein Visier war beschlagen, ich habe nichts gesehen, es war, als würde ich auf einer Wolke fahren. Nach sieben Kilometern habe ich das Visier einfach weggeworfen», erzählt sie. Und danach lief es: «Ich bin vielleicht zu langsam gestartet, weil ich großen Respekt vor dem Finale hatte. In der letzten Abfahrt konnte ich mich fürs Finale noch mal ein wenig erholen.» Nur zwei Sekunden fehlten zum vierten Platz, aber das hätte sie auch nicht glücklicher gemacht. «Dann hättest du dich geärgert, dass es nicht zur Medaille gereicht hat», meinte Ronny Lauke ihr Coach beim Team Canyon-Sram.