Berlin (dpa) - Der Mediziner Eufemiano Fuentes, Schlüsselfigur des spanischen Doping-Skandals, soll nach Informationen der ARD im Vorfeld der Tour de France Blutdoping-Praktiken nach Hamburg verlagert haben.
Wie aus Kreisen spanischer Ermittler bestätigt wurde, sei Radprofis dafür im Zeitraum zwischen Ende Mai und Ende Juni in einem Hotel und einem Appartement in der Hansestadt Blut in größeren Mengen entnommen worden. Fuentes habe zu diesem Zweck Radsportler zu zwei namentlich noch nicht bekannten Personen nach Hamburg geschickt. Die Identität der Fahrer ist bisher ungeklärt. Darüber berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) in einer Pressemitteilung.
Der Verdacht, dass der spanische Dopingring seine Dopingpraktiken nach der Enttarnung von Madrid ins Ausland verlagerte, wird durch ein von den Ermittlern sichergestelltes Dokument in spanischer Sprache erhärtet. In einem handschriftlichen Text «in offenbarem Zusammenhang mit dem Doping-Netzwerk» sei der Vermerk notiert: «Zimmer Deutschland und Frankreich». Die spanischen Ermittler gingen nach ARD-Informationen davon aus, dass die in Hamburg behandelten Sportler zu den Topfahrern zählten und als Teilnehmer der Frankreich-Rundfahrt 2006 vorgesehen waren.
In einem sichergestellten Kalenderblatt von Fuentes sind unter anderem für den 20. Juni hinter einer Nummer 1 mit verschlüsselten Bezeichnungen Blutextraktionen und -infusionen eingetragen. Die spanischen Ermittler bestätigten laut ARD, dass in den bei den Razzien sichergestellten Dokumenten mit der Nummer 1 im Regelfall Jan Ullrich bezeichnet wurde. Ullrich-Manager Wolfgang Strohband dementierte allerdings eine Beteiligung des Toursiegers von 1997 an einer Blutmanipulation in dem Hamburger Hotel am 20. Juni 2006. «Nach seinem Sieg bei der Tour de Suisse am 18. Juni ist Jan sofort nach Hause nach Scherzingen gereist», sagte Strohband dem «Hamburger Abendblatt».
Bei den zwei Personen, die die Blutentnahmen vorgenommen haben sollen, handele es sich um einen Mann und eine Frau. Die spanische Polizei hielte es nach ihren Recherchen für wahrscheinlich, dass die beiden Personen miteinander liiert sind. Ob der verdächtigte thüringische Anästhesist, gegen den die Staatsanwaltschaft Göttingen ermittelt, mit den Blutdoping-Praktiken in Hamburg in Verbindung steht oder mit einer der beiden beteiligten Personen identisch ist, sei ungeklärt. Der gebürtige Pole steht im Verdacht, für den Spanier Fuentes in Deutschland Dopingmittel auf illegalen Wegen beschafft zu haben.
In den Privaträumen des Arztes in Bad Sachsa im Harz und an dessen Arbeitsstätte, einer Klinik im thüringischen Bleicherode, hatte es am 17. August Hausdurchsuchungen durch Mitarbeiter des Bundeskriminalamts gegeben.