Le Puy-en-Velay (dpa) - Das große Duell gibt es jetzt eine Nummer kleiner. Vor der 92. Tour de France hießen die Top-Favoriten auf den Gesamtsieg Lance Armstrong und Jan Ullrich. Das große Rennen ist zu Gunsten des mutmaßlich siebenfachen Triumphators Armstrong längst gelaufen.
Doch kann Ullrich beim Zeitfahren in St. Etienne über 55,5 Kilometer seinen achten Tour-Auftritt mit einem Ausrufezeichen beenden: Wenn er wie wie 2003 im Kampf gegen die Uhr in Cap Découverte Armstrong schlägt und noch den dritten Platz auf dem Siegerpodests in Paris schafft. «Dafür gebe ich nochmal alles und kämpfe um jede Sekunde», verspricht Ullrich, dessen Tour durch die Stürze vor Beginn und in den Vogesen beeinträchtigt worden ist.
Für Tour-Bronze muss der T-Mobile-Kapitän den vor ihm liegenden Dänen Mickael Rasmussen, dem er auf der 18. Etappe im Zentralmassiv überraschend 37 Sekunden abknöpfen konnte, mindestens 2:13 Minuten abnehmen. Beim ersten Kampf gegen die Uhr fuhr Ullrich über flache 19 Kilometer unfallgeschädigt bereits 2:06 Minuten schneller als der Träger des Bergtrikots, der sich trotzdem für den welligen Parcours am Samstag vage Hoffnungen macht.
«Auf einem flachen Zeitfahren dieser Länge hätte ich keine Chance - Jan ist der Spezialist. Aber der Kurs in St. Etienne ist sehr technisch, vielleicht nicht so schlecht für mich», meint Rasmussen. Im Gegensatz zu Ullrich ist der blasse Däne mit seiner Tour bereits hoch zufrieden: «Zwei Ziele habe ich erreicht: Einen Etappensieg und das Bergtrikot. Das ist mehr als die meisten haben.»
Armstrong wartet trotz drückender Dominanz bei dieser Tour weiter auf seinen ersten Etappensieg. Gut möglich, dass er sich ein weiteres und zum letzten Mal als seiner Zeit weit voraus präsentieren will. Das letzte Zeitfahren seiner Karriere soll zur weltweit zu besichtigenden Triumphfahrt werden. Daran ändern auch Armstrongs Sprüche nichts: «Für mich ist Jan der große Favorit in St. Etienne.» 24 Stunden später wird der 33-jährige Texaner seine Karriere auf den Champs Elysées in Paris nach dem üblichen Schaulaufen der letzten Etappe beenden.
Die Formkurve spricht für Ullrich. «Es scheint, dass er mit zunehmender Tour-Dauer wieder stärker wird», sagt Mario Kummer. Im Juni inspizierte der Teamchef mit Ullrich den Kurs, der 15 Kilometer vor dem Ziel eine Steigung der dritten Kategorie aufweist. «Am Samstagvormittag wollen wir ihn nochmal abfahren», kündigt Kummer an.» Der 731 Meter Col de la Gachet bietet eine fast fünfprozentige Steigung auf 5,7 Kilometer. Aber schon vier Kilometer nach dem Start beginnt bis ins Ziel eine Berg- und Talfahrt.