Der zweifache Titelträger André Greipel (Lotto-Soudal) trifft auf den achtfachen Tour-Etappensieger Marcel Kittel und auf Mailand-Sanremo- und Paris-Roubaix-Sieger John Degenkolb (beide Giant-Alpecin), der nach Platz zwei im Vorjahr und dem dritten Rang 2013 in Wangen endlich aufs oberste Treppchen will und sich die Strecke bereits angesehen und sie getestet hat. «Es ist ein Kurs, der mir liegt», gibt sich der Wahl-Frankfurter, der seine letzte Vorbereitung auf die Tour de France in der Schweiz bei der Tour de Suisse absolvierte, optimistisch.

Titelverteidiger Greipel indes hat den Traum vom Triple, denn das hat vor ihm lediglich Fabian Wegmann (Cult Energy) geschafft - allerdings lagen zwischen Sieg Nr. 2 (2008 in Bochum) und Sieg Nr. 3 (2012 in Grimma) vier Jahre. In ununterbrochener Reihenfolge ist es noch keinem geglückt.

Der knapp 26 Kilometer lange Rundkurs mit einer Höhendifferenz von 310 Metern pro Runde gilt als anspruchsvoll, aber topographisch nicht so extrem, dass Greipel Schwierigkeiten auf der Strecke hätte. «Ich werde den Titel nicht kampflos abgeben, auch wenn ich mit Marcel Sieberg nur einen Helfer habe», sagt der 32-Jährige, der gerade die ZLM-Tour in den Niederlanden erfolgreich beendete und in blendender Verfassung ist.

Insgesamt müssen 204,8 Kilometer, also acht Runden, zurückgelegt werden. Der Rostocker und Degenkolb sind die heißesten Anwärter auf den Titel, aber bei weitem nicht die einzigen. Für das deutsche Team Bora-Argon 18 ist es eine Frage des Prestiges, bei den Titelkämpfen vorn zu sein. Einer der Top-Kandidaten aus ihrem Kader ist zweifelsohne Paul Voss, der zuletzt im Critèrium Dauphiné eine glänzende Vorstellung bot. Aber auch die «zweite Reihe» startet mit hohen Ambitionen. Letztes Jahr in Baunatal überzeugte Phil Bauhaus vom Team Stölting, der als Dritter über den Zielstrich fuhr. Das Gelsenkirchener Team hat auch in Bensheim große Ziele.

Bei den Frauen, die bereits morgens um acht Uhr auf die 102 Kilometer lange Strecke gehen, spricht vieles dafür, dass Lisa Brennauer (Velocio-Sram) ihren Vorjahrestitel verteidigen kann. Die Allgäuerin zeigt wieder eine tolle Saison, hat zuletzt in der Aviva Womens Tour überzeugt, wo sie einen Etappensieg feierte und das Gelbe Trikot der Gesamtsiegerin mit nach Hause nahm.

Teamkollegin Trixi Worrack (Meisterin 2013) gilt ebenfalls als Top-Kandidatin auf den Titel. Gespannt darf man auch sein, wie sich die gerade erst von einer längeren Verletzungspause genesene Claudia Lichtenberg (Liv-Plantur) schlagen wird und welche Vorstellung die jungen Talente Anna Knauer (Rabo-Liv) und Lisa Klein (Bigla) bieten werden. Hinter dem Start von Knauer steht allerdings noch ein Fragezeichen, weil sie letztes Wochenende schwer stürzte und eine Gehirnerschütterung erlitt. Und schließlich will sich die mehrfache deutsche Meisterin Hanka Kupfernagel (Maxx-Solar) mit einer Top-Leistung für den WM-Kader empfehlen.

Bereits am Freitag ermitteln die Zeitfahr-Spezialisten ihre Meister. In der Eliteklasse der Männer kann die Frage eigentlich nur lauten, wer wird Zweiter? Denn dass Tony Martin (Etixx-Quick Step) seinen Titel ein weiteres Mal erfolgreich verteidigen wird, würde keinen überraschen. Für Silber bieten sich Patrick Gretsch (Ag2r) an, der im 60 Kilometer langen Giro-Zeitfahren einen hervorragenden vierten Platz belegte, aber auch Nikias Arndt (Giant-Alpecin), der um einen WM-Startplatz in Richmond kämpfen will. Jasha Sütterlin (Movistar), 2013 U23-Meister im Zeitfahren, muss ebenso zum Favoritenkreis gezählt werden. Und für eine Überraschung ist auch immer Lars Teutenberg (FC Lexxi Speedbike) gut, der im vergangenen Jahr einmal mehr aufs Podest fuhr und dem die flasche Strecke in Einhausen sicherlich gut liegen wird.

Bei den Frauen werden vermutlich Brennauer und Worrack den Titel unter sich ausmachen, bedrängt von Fahrerinnen wie Charlotte Becker (Hitec Products) oder Mieke Kröger, die seit dieser Saison Teamkollegin von Brennauer und Worrack bei Velocio Sram ist.

In der Klasse U23 ist Titelverteidiger Nils Politt vom Team Stölting ebenso favorisiert wie die beiden AWT-Green Way Fahrer Max Schachmann und Jan Brockhoff oder Domenic Weinstein vom rad-net ROSE Team. Besonders gespannt darf man auf die erste U23-DM des letztjährigen Junioren-Weltmeisters Lennard Kämna (Stölting) sein, der Anfang Juni das Bundesligarennen in Auenstein gewann und einen sehr gelungenen Einstand in der höheren Rennklasse hatte.

Die Zeitfahr-Wettbewerbe am Freitag beginnen um 12 Uhr mit der U23. Um 16 Uhr gehen die Männer an den Start, danach, ab etwa 18 Uhr, die Frauen.