Compiegne (dpa) - Radprofi Andreas Klöden erlebt sportlich seinen dritten Frühling. Der zweite Sieg des 35-Jährigen bei der Baskenland-Rundfahrt nach seinem ersten Triumph in stürmischen Telekomzeiten weckt Hoffnungen auf einen starken Sommer.
Bei der Tour de France fährt Klöden zusammen mit Janez Brajkovic in seinem Team RadioShack auf der Pole Position. Sein starker Auftritt in Nordspanien, wo der Wahlschweizer aus Cottbus die gesamte Weltspitze - außer Alberto Contador - mit viel Übersicht und starken Beinen bezwang, macht Appetit auf mehr. «In dieser Superform ist er unser Kapitän für die Tour», sagte Team-Sprecher Philippe Maertens. Ohne Lance Armstrong sei RadioShack zwar keine Mannschaft für den Toursieg, «aber man weiß ja nie», meinte der Belgier.
Klöden lässt lieber andere für sich sprechen. Die einheimische Presse jedenfalls findet nach wie vor keine Gnade vor ihm. Seit Klöden im Zuge der Ermittlungen gegen die Praktiken der Sportmedizin in der Uni Freiburg unter Doping-Verdacht geriet und ein drohendes Verfahren durch die Zahlung von 25 000 Euro vermied, herrscht Funkstille. Auch charmante Versuche durch Fernseh-Moderatorinnen, während der Tour 2010 die Mauer des Schweigens zu brechen, schlugen fehl. Klödens «Antwort» auf die Frage nach einem Gespräch: Er tippte sich mit dem Finger an die Stirn.
Der Bann reicht bis in die Mannschaftsspitze. Nachfrage am Sonntag beim Start von Paris - Roubaix in Compiegne bei Teamchef Alain Gallopin: «Ich rede nicht mit der deutschen Presse, weil ich der Betreuer von Andreas Klöden bin und weil Sie Jan Ullrich immer schlecht behandelt hat.»
Via Pressemitteilung gab der Zweite der Tour von 2004 und 2006 seiner großen Freude über den Coup vom Samstag Ausdruck, an dem er mit 47 Sekunden vor dem Vorjahressieger Chris Horner den Doppelsieg seines Teams perfekt gemacht hatte. «Vielen Dank an meine großartige Mannschaft. Es ist unglaublich, dass ich hier nach elf Jahren noch einmal gewinnen konnte», sagte Klöden.
Seine große Form führte er auch darauf zurück, dass die Saisonvorbereitung optimal lief und weniger manchmal mehr ist: «Im Vergleich zu den Vorjahren habe ich vielleicht nicht so besessen trainiert. Aber so reibungslos ohne Krankheit oder Verletzungen lief es selten», sagte Klöden. Teambesitzer Johan Bruyneel, der Regisseur der sieben Tour-Siege Lance Armstrongs, war beeindruckt von dem gebürtigen Lausitzer: «Er war so motiviert.»
Klöden, der 2008 als erster Deutscher die Tour de Romandie gewann, fuhr im Baskenland elf Jahre nach seinem ersten Triumph höchst aufmerksam und effektiv. Im abschließenden Kampf gegen die Uhr über 24 Kilometer ließ er in Zalla nur den Spezialisten und deutschen Meister Tony Martin um neun Sekunden ziehen. Mit dem HTC-Profi aus Eschborn, der Klöden bei Paris - Nizza im März in der Gesamtwertung noch auf Rang zwei verwiesen hatte, könnte es bei der Tour im Juli zu einem interessanten deutschen Duell kommen.