Berlin (dpa) - Die Zeichen sprechen gegen Stefan Schumacher. Doch sein Anwalt Michael Lehner lässt sich vor der CAS-Verhandlung am 4. November den professionellen Optimismus nicht nehmen. «Wir haben 100 Prozent recht», sagte der Heidelberger Sportrechtler, der zusammen mit dem wegen CERA-Dopings bis zum 21. Januar 2011 gesperrten Radprofi in Lausanne vor das dreiköpfige Internationale Sportgericht treten wird. Eine CAS-Entscheidung erwartet Lehner, der in Doping-Prozessen schon 5000-Meter-Olympiasieger Dieter Baumann, die Radprofis Jörg Jaksche, Danilo Hondo und Patrik Sinkewitz und den Molekular-Biologen Werner Franke vertrat, «zwei, drei Wochen später». Lehner: «Wie bei Pechstein».Der Fall Schumacher liegt allerdings völlig anders als der von Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein, die ihr CAS-Urteil am 5. November erwartet. Positiv auf das Blutdoping-Mittel CERA bei Nachtests zur Tour de France 2008, CERA-positiv bei den Olympischen Spielen in Peking und Klage-Abweisung des französischen Verwaltungsgerichts gegen die Rechtmäßigkeit der nachträglichen Tests durch die französische Anti-Doping-Agentur AFLD: Die Voraussetzungen für den Ex-Profi des Gerolsteiner-Teams, der trotz erdrückender Indizien Doping bestreitet, scheinen alles andere als günstig.
Lehner nannte das Urteil des Conseil d'Etat vor einer Woche «überhaupt nicht schön» und sogar «eine Schande». Er will dagegen, wenn nötig, «bis vor den Europäischen Gerichtshof» ziehen. Für die CAS-Verhandlung lässt sich der Jurist und Hobby-Radfahrer aber nicht beirren. Dass «ein nicht zugelassenes Analyse-Verfahren» Grundlage der Sperre gegen Schumacher ist, «wird in der Verhandlung eines unserer Hauptargumente sein». Das neuartige Testverfahren auf das EPO-Präparat CERA, das Schumacher und seinem früheren - geständigen - Team-Kollegen Bernhard Kohl (Österreich) im Oktober 2008 zum Verhängnis wurde, sei erst zum 1. Juli dieses Jahres von der französischen Akkreditierungs-Behörde COFRAC zugelassen worden.
Die Welt-Anti-Doping-Behörde WADA habe die Vorgehensweise, nach der im Labor Chatenay-Malabry bei Paris die Tests vorgenommen wurden, in einem «Technical Document» erst am 31. Mai 2009 freigegeben. Lehners Befund zum AFLD-Urteil vom vergangenen Jahr: «Die haben einfach zu früh geschossen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa. Das sei beispielsweise vergleichbar mit dem «Verkauf eines noch nicht freigegeben Medikaments».
In der CAS-Verhandlung unter Vorsitz des Franzosen Bernard Foucher geht es allerdings nur um das von der AFLD ausgesprochene und vom Radsport-Weltverband UCI übernommene Fahrverbot für Schumacher. Die Causa Peking - bei Verurteilung droht dem 28-jährigen Schwaben aus Nürtingen ein lebenslanger Ausschluss vom Wettkampfsport - ist nicht Gegenstand der CAS-Entscheidung. Foucher wurde von der AFLD benannt, Lehner berief den an der Uni Zürich lehrenden Sportrechtler Ulrich Haas aus Wiesbaden. Ein Schweizer Rechtsanwalt ist neutraler Dritter im CAS-Gremium.
Trotz erdrückender Beweise bestreitet Schumacher, der laut Lehner «nach einer Phase, in der er sehr down war, wieder hart trainiert», bis heute jegliche Manipulationen. Im letzten Eintrag auf seiner Homepage schreibt der Träger des Gelben Trikots bei der Tour 2008, bei der er überraschend beide Zeitfahren gewonnen hatte, am 5. März zum geplanten Gang vor den CAS: «Eines weiß ich ganz sicher: Ich bin unschuldig - und wenn man mir die Chance gibt, werde ich das auch beweisen.» Lehner relativiert seinen Optimismus sicherheitshalber, indem er auf die Binsenweisheit verweist: «Recht haben ist etwas anderes als Recht bekommen.»