Frankfurt (rad-net) - Rudolf Scharping, Präsident des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hat seinen Gegnern innerhalb des Verbandes in ihrer Stimmungsmache gegen die aktuelle Führung des Verbandes fehlende Loyalität gegenüber dem deutschen Radsport insgesamt vorgeworfen und sich gleichzeitig mit seinem Programm für die kommende Amtsperiode in Stellung gebracht. «Ich habe etwas dagegen, dass selbsternannte Freunde des Radsports in irgendwelchen Hinterzimmern Kampagnen aushecken», sagte Scharping in einem Interview mit der «Frankfurter Rundschau» (FR). In diesem Zusammenhang vermisst der ehemalige Bundesverteidigungsminister auch eine Verankerung der Opposition um den Orthopäden Dieter Berkmann sowie den ehemaligen BDR-Vizepräsidenten Dieter Kühnle im Verband: «Die haben sich selber ausgerufen. Mir ist nicht bekannt, dass ein Gremium des BDR eine Kandidatur beschlossen hätte.»
Gleichzeitig nahm Scharping ausdrücklich Leistungssportdirektor Burckhard Bremer in Schutz: «Man kann gegen jeden Menschen Einwände erheben oder Vorbehalte haben, man kann und muss kritisch diskutieren. Das gilt selbstverständlich auch für unseren Leistungssportdirektor. Meine Vorschläge sollen dazu dienen, Bremer zu entlasten und seine hervorragenden Leistungen und Verbindungen im deutschen Sport gut einzusetzen. Wie wichtig das für den BDR ist, beweist nicht zuletzt das gemeinsam verabschiedete BDR-Konzept, mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem Bundesministerium des Innern und für Sport (BMI) überzeugen und zusätzliche Mittel für den Leistungssport erreichen konnten.» Gleichzeitig sagte Scharping über Bremer «manche bezeichnen ihn als autoritären Sack, dem man aber keine Erfolglosigkeit vorwerfen kann».
In seinem Schreiben an die Landesverbände und das Präsidium des Verbandes hat Scharping auch seine Ziele für die kommenden Jahre dargestellt. Dazu gehört insbesondere eine weitere Intensivierung der Kommunikation. Im Bereich Marketing soll auf Basis der fortzuschreibenden Studie über den Radsport in Deutschland, in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden und über den künftigen Verbandsrat an der Gewinnung neuer Sponsoren gearbeitet werden.
Zu seinen weiteren Zielen gehöre ein Finanzierungskonzept für den Hallenradsport. «Das betrifft den BDR existenziell», so Scharping. «Der Hallenradsport repräsentiert 30 Prozent unserer Mitglieder», so der Präsident weiter. Als Grundlage dafür habe der BDR die Wiederaufnahme des Hallenradsports in das Programm der «World-Games» beantragt. «Die UCI ist diesem Antrag gefolgt», so Scharping.
Für den Bereich des Breitensports sieht das Programm von Rudolf Scharping eine weitere Unterstützung der Vereine und ihrer Veranstaltungen, neue Marketing-Maßnahmen und eine Integration des Radsports in das Schulprogramm vor. «Hier haben wir unverändert großen Nachholbedarf», so Scharping.
Für die Bereiche Trial, BMX und Einrad sollen nach dem Wunsch von Rudolf Scharping organisatorische Defizite im Bereich des Verbandes beseitigt werden und insbesondere BMX als olympische Sportart mit der Perspektive für 2012 und 2016 gemeinsam mit den Landesverbänden und Vereinen sowie der Fachkommission beim BDR gefördert werden. «Die schon eingeleiteten Maßnahmen werden wir ausbauen», so Scharping. «In beiden Bereichen sind bundesweite Wettbewerbe und Meisterschaften durchzuführen.»
Im Rahmen der Zielsetzung für den Leistungssport wiederholte BDR-Präsident Scharping die Kritik an einigen Sportlern aus dem Bahn-Bereich. «Im Bereich Bahn-Ausdauer wurde die Qualifikation nicht erreicht, da einige wenige Sportler die finanziell lukrativen Sechs-Tage Rennen einer systematischen Vorbereitung auf die Olympiade vorzogen. Der BDR hat daraus Konsequenzen gezogen», so Scharping. Erste Erfolge seien schon sichtbar: «Besonders die hohe Zahl von Startplätzen bei der nächsten WM – unsere Athleten haben mit Ausnahme Scratch Frauen alle Qualifikationen erreicht und den Gesamt-Weltcup gewonnen», so der BDR-Präsident. «Diese ersten Erfolge des Neuaufbaues zeigen, wir sind auf besserem Weg, aber es bleibt noch viel zu tun bis zum Erreichen der Weltspitze», so der 61-Jährige ehemalige Politiker. weiter.
Gleichzeitig dürfe man sich aber keine Illusionen machen, «mit dem Umfang zum Beispiel der britischen Förderung können wir nicht mithalten. Um weitere Fortschritte zu erzielen, solle nach Ansicht von Scharping die Satzung um einen stimmberechtigten Vizepräsidenten «Leistungssport» erweitert werden. Dieser Vizepräsident soll die Arbeit des hauptamtlichen Leistungssportdirektors und der Gremien aus den Cheftrainern koordinieren. Dazu sollen, aufbauend auf die im Juni des vergangenen Jahres erstellten und vom DOSB und BMI gebilligten Konzepten der Fachkonferenz, die Athleten weiter eingebunden werden.
Gleichzeitig warnte der oberste deutsche Radsportler jedoch davor, die neue Satzung nicht zu verabschieden. «Das hätte sofortige Konsequenzen bei der Bewilligung oder Auszahlung der öffentlichen Mittel», so Scharping.
Mit Verweis auf die Arbeit der vergangenen Jahre wies Scharping Kritik an mangelnder Konsequenz im Anti-Doping-Kampf des Verbandes erneut deutlich zurück. «Alle Maßnahmen sind sorgfältig dokumentiert. Wer das aus durchsichtigen Wahlkampf-Erwägungen ständig in Zweifel zieht, gefährdet die öffentliche Förderung des Radsports. Das ist schlicht verbandsschädigend», so Scharping gegenüber den Landesverbänden und deren Delegierten.
Für die Zukunft sollen alle Maßnahmen wie die Prävention, die enge Zusammenarbeit mit Teams und Veranstaltern sowie den anderen Spitzensportverbänden fortgesetzt werden.
Trotz der teilweise persönlichen Kritik seiner Gegner will Scharping an seiner erneuten Kandidatur für das Spitzenamt im BDR festhalten: «Natur und Begleitumstände der Auseinandersetzung werden maßgeblich davon bestimmt, dass ich eine polarisierende öffentliche Figur bin. Ganz selbstverständlich wird auf meinem Rücken Propaganda betrieben, wird nach Popularität, möglicherweise auch nach geschäftlichen Möglichkeiten gesucht, die man sonst so nie bekäme», sagte Scharping gegenüber der «Frankfurter Rundschau». Gleichzeitig kritisierte er erneut den Wahlkampf der so genannten «Freunde des Radsports»: «Wenn im Hinterzimmer darüber geredet wird, wer aus der BDR-Führung noch abgeschossen gehört, frage ich mich: Warum kommen diese Leute nicht in die Gremien und sagen dort, was sie an fachlicher Kritik vorzubringen haben?» Den Versuch der Profilierung über den Radsport könne man ihm kaum vorwerfen: «Was man da unterschoben bekommt, ist ein Ausmaß an Masochismus, das schon fast strafbar wäre», so Scharping im Interview der «FR».