Roubaix (dpa) - Die Radsport-Welt steht nach dem tragischen Tod des Belgiers Michael Goolaerts unter Schock.
Für Topsprinter Marcel Kittel waren nach dem Aufwachen am frühen Montagmorgen alle Erfahrungen beim 116. Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix «nichts mehr wert», Lance Armstrong zeigte sich aus dem fernen Amerika nach den «furchtbaren Nachrichten» tief bestürzt. Und in den belgischen Medien beherrschte der Tod des 23 Jahre alten Radprofis die Schlagzeilen. «Drama bei Paris-Roubaix», war bei «Het laatste Nieuws» zu lesen.
Gegen 22.40 Uhr hatte Goolaerts im Krankenhaus von Lille seinen letzten Kampf verloren, wie sein belgisches Team Véranda's Willems-Crelan mitteilte. Zuvor hatte der Youngster auf einer Kopfsteinpflaster-Passage gut 148 Kilometer vor dem Ziel für mehrere Minuten einen Herzstillstand erlitten und war von den Rennärzten zunächst reanimiert worden. Nach Informationen der französischen Sporttageszeitung «L'Equipe» hatte wohl der Herzstillstand den Sturz Goolaerts ausgelöst. Der Fahrer ist jedenfalls ungewöhnlich zu Fall gekommen.
«Unsere Ärzte waren innerhalb von zwei, drei Minuten zur Stelle», erklärte Pierre-Yves Thouault von der Renndirektion ASO. Danach wurde Goolaerts per Hubschrauber ins Krankenhaus von Lille gebracht, wo er im Beisein seiner Familie und engsten Freunde am Abend verstarb. Die französische Justiz hat nach dem tragischen Zwischenfall am Montag eine Untersuchung eingeleitet. Um die Todesursache zu klären, werde in den kommenden Tagen eine Autopsie durchgeführt, sagte der zuständige Staatsanwalt der nordfranzösischen Gemeinde Cambrai der Nachrichtenagentur AP.
Nach Bekanntwerden des Todes herrschte unter den Radsportlern große Betroffenheit. «Ich bin mit diesen Nachrichten aufgewacht. Ich wollte eigentlich erzählen, welch großartige Erfahrung das gestern war, aber das ist jetzt nichts mehr wert. So traurig vom Tod von Michael zu lesen», schrieb der deutsche Topsprinter Marcel Kittel am Montag auf Twitter und teilte wie viele seiner Kollegen seine Anteilnahme mit.
Der Vorfall weckte Erinnerungen an den Tod des Belgiers Daan Myngheer, der 2016 nach einem Herzinfarkt beim Criterium International ebenfalls gestorben war. Auch sonst hat der Radsport immer wieder Todesfälle zu beklagen. 2017 starb etwa Ex-Girosieger Michele Scarponi nach einem Trainingsunfall, ein Jahr zuvor hatte der Belgier Antoine Demoitié eine Kollision mit einem Begleitmotorrad nicht überlebt.
«Was passiert ist, ist leider nicht immer nachweisbar», sagte Gérard Guillaume als ehemaliger Arzt des Rennstalls FDJ. Der Weltverband UCI verlangt von den Fahrern regelmäßige kardiologische Untersuchungen. Bei zweitklassigen Teams, wie es Goolaerts Mannschaft ist, sind die Regularien jedoch nicht so streng.
Die Organisation ASO musste sich Kritik gefallen lassen, dass sie das Rennen nicht abgebrochen hatte. Der zweimalige Cross-Weltmeister Sven Nys hatte aber Verständnis für die Entscheidung. «Das ist nicht wie bei einem Fußballspiel, wo tausende Leute sehen, wenn ein Spieler ins Gras fällt. Dann ist die Party natürlich vorbei. Bei Goolaerts kam schnell Hilfe und es war unklar, was genau vor sich ging», sagte Nys.
Goolaerts hatte 2016 als Trainee bei Lotto-Soudal den Einstieg im Profiradsport geschafft. Danach ging er für Veranda's Willems-Crelan an den Start. Für das Team war er auch schon 2013 und 2014 in der Continental-Mannschaft gefahren. In diesem Jahr hatte er vor allem die Frühjahrsrennen in Belgien bestritten. Sein bestes Ergebnis war abgesehen von Top-Ten-Platzierungen bei der relativ unbedeutenden Sharjah Tour in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein neunter Platz bei Dwars door West-Vlaanderen.
Bei Paris-Roubaix, der sogenannten «Hölle des Nordens» wegen der vielen Kopfsteinpflaster-Passagen, war Goolaerts zum ersten Mal bei den Profis an den Start gegangen. «Goolie, genau wie ich 1994 geboren. So sind wir seit Jahren im Peloton zusammen. Ich kann noch nicht verstehen, dass dies zu Ende ist. Dein ewiges Lächeln wird mir immer eine Inspiration bleiben», schrieb sein Teamkollege Wout van Aert auf Twitter.