Oudenaarde (dpa) - Die Nachwehen einer Corona-Infektion, Formschwäche und eine umstrittene Quarantäne: Für Deutschlands Vorzeige-Radrennstall Bora-hansgrohe um Peter Sagan und den deutschen Spezialisten Nils Politt verläuft das Klassiker-Frühjahr bislang enttäuschend.
Beim überraschenden Sieg des Dänen Kasper Asgreen (Elegant-Quick Step) bei der Flandern-Rundfahrt blieb die Equipe aus Oberbayern mit Sagan (15.) und Politt (22.) deutlich hinter den Erwartungen zurück. «Heute waren wir einfach nicht gut genug, da muss man nicht drum herumreden», kritisierte der Sportliche Leiter Enrico Poitschke.
Während der Däne Asgreen am Sonntag den Stars Mathieu van der Poel (Alpecin-Fenix), Julian Alaphilippe (Elegant-Quick Step) und Wout van Aert (Jumbo-Visma) den ersehnten Triumph im Zielort Oudenaarde wegschnappte, schleppt sich Bora-hansgrohe seit dem überraschenden Paris-Nizza-Titel von Maximilian Schachmann durch das prestigeträchtige Frühjahr.
Bei Mailand-Sanremo reichte es knapp nicht zum Podium, es folgte nach einem Positivtest eine Team-Quarantäne in Belgien, bei der Teamchef Ralph Denk die Auswahl der Personen als «völlig unklar» und «auch willkürlich» bezeichnete. Und nun die sportlich derbe Niederlage auf der bedeutenden «Ronde», der 254-Kilometer-Quälerei mit 19 kurzen und knackigen Anstiegen.
«Als die Attacken begannen, konnte ich mit meiner aktuellen Form einfach nicht mithalten. Ich muss weiter arbeiten, um das Niveau, das ich vor meiner Covid-Infektion hatte, zu erreichen», kommentierte Dreifach-Weltmeister Sagan. Er galt als Sieger der 2016er-Ausgabe als Topanwärter auf einen Coup in Flandern. Politts liebster Klassiker Paris-Roubaix, bei dem er 2019 den zweiten Platz belegte, wird in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie erst Anfang Oktober stattfinden.
Asgreen in Flandern, der Belgier Jasper Stuyven bei Mailand-Sanremo und Schachmann bei Paris-Nizza: Die Höhepunkte im Frühjahr gehen bislang eher an Geheimtipps als an die Topfavoriten um Alaphilippe, Van Aert und Cross-Weltmeister Van der Poel, der diesmal den Schlussspurt gegen Asgreen verlor und nach Platz zwei mit schwarzer Maske und bedrückter Miene auf dem Siegerpodest kauerte.
«Ein Sprint nach 260 Kilometern ist nicht so wie einer nach 200. Ich merkte, dass ich am Limit war, und er war wirklich stark. Er ist ein verdienter Sieger», lobte Van der Poel, der mit einer erfolgreichen Titelverteidigung und dem zweiten Flandern-Titel an seinem Vater vorbeigezogen wäre. Adrie van der Poel hatte das Rennen 1986 gewonnen.
Asgreen kommentierte salopp: «Ich weiß nicht, ob ich der Beste war, aber ich hatte gute Beine.» Im Zielbereich küsste der 26-Jährige seine Partnerin, die düpierte Konkurrenz war noch mit Frustbewältigung beschäftigt.
Die nächsten Chancen warten nun beim Amstel Gold Race am 18. April und bei Lüttich-Bastogne-Lüttich am 25. April. Paris-Roubaix und auch Eschborn-Frankfurt sollen 2021 zu Herbstklassikern werden, nachdem sie im Vorjahr der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen waren.