Lüttich (dpa) - Zum großen Jubiläum wird es feierlich auf dem Place Saint-Lambert in Lüttich. Der belgische König Philippe gibt den Startschuss zur 100. Auflage des Frühjahrsklassikers Lüttich-Bastogne-Lüttich. Sicher werden auch die großen Sieger des Rennens noch einmal in Erinnerung gerufen.
Einer davon steht am Sonntag sogar an der Startlinie: Andy Schleck. Doch aus dem jungen strahlenden Triumphator von 2009, der anschließend groß durchstartete und als Tour-de-France-Sieger von 2010 ausgewiesen wird, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Der Luxemburger ist nur noch ein Schatten vergangener Tage - von Zweifeln geplagt und von ständigen Verletzungen zurückgeworfen.
Schleck ist der große Problemfall im Team Trek. Sein letzter Sieg bei einem Radrennen liegt fast schon drei Jahre zurück. Am 21. Juli 2011 gewann er die Königsetappe der Tour de France auf dem Col du Galibier. Einen Tag später eroberte er noch das Gelbe Trikot, das ihm Cadel Evans aber direkt wieder entriss. Danach begann der tiefe Fall. Nach einem Steißbeinbruch im Juni 2012 kam der einstige Radsport-Kronprinz nie wieder an seine alten Glanzleistungen heran.
«Ich möchte wieder erfolgreich sein. Ich gewann die Tour de France auf dem Papier, ich gewann Etappen. Ich war Andy Schleck, ich war wer. Das möchte ich wieder werden», sagte Schleck jüngst in einem Interview der französischen Sporttageszeitung «L'Equipe». Seine Worte passen in das Bild eines nachdenklichen Sportlers, der vergeblich auf der Suche nach einem Weg aus seiner persönlichen Krise ist. «Ich tue alles, um wieder erfolgreich zu sein. Ich trainiere hart und bin dünner geworden. Ich kann nicht mehr tun als mein Bestes.»
Ob er noch einmal bei der Tour de France vorne mitfahren werde, könne er nicht sagen. «Wenn nicht, dann verfalle ich nicht in Depressionen», sagt der frühere Kletterkönig. Von 2009 bis 2011 hatte er dreimal auf dem Podium der Frankreich-Rundfahrt gestanden. 2010 war ihm sogar der Tour-Sieg nach dem Dopingfall Alberto Contador nachträglich in die Hände gefallen. Heute ist er längst kein Siegfahrer mehr.
Auch am Sonntag dürfte Schleck kaum für eine vordere Platzierung infrage kommen, wenn er denn überhaupt die 263 Kilometer durchsteht. Eine Knieverletzung macht dem 28-Jährigen nach einem Sturz beim Amstel Gold Race am vergangenen Sonntag zu schaffen. Das Knorpelgewebe ist lädiert, immerhin ist eine Operation nicht nötig. «Ich hoffe, dass mein Knie hält», sagt das sensible Leichtgewicht.
Zu all den verletzungsbedingten Rückschlägen kamen in der vergangenen Zeit noch weitere Probleme. Wie etwa der Dopingfall seines großen Bruders Fränk im Jahr 2012, wodurch das kongeniale Duo für ein Jahr auseinandergerissen wurde. Im März vergangenen Jahres musste sich Schleck mit weiteren Negativ-Schlagzeilen auseinandersetzen. Der französische Politiker Pierre-Yves Le Borgn wollte den Radprofi in einem Münchner Hotel sturzbetrunken im Aufzug getroffen haben. Schleck wies die Behauptungen als «lächerlich» zurück.
Alles Dinge, die nicht förderlich sind für die anstehenden Vertragsgespräche. Sein millionenschwerer Kontrakt bei Trek läuft Ende der Saison aus. Er muss Ergebnisse liefern, am besten schon am Sonntag in Lüttich, bei einem seiner Lieblingsrennen.