Silver-City (dpa) - Lance Armstrong ist fit für sein ganz spezielles Tour-de-France-Training in Italien. «Lance ist imstande, den Giro als Vorbereitung für unser großes Saisonziel, die Tour, zu nutzen», sagte sein Teamchef Johan Bruyneel bei der Tour of Gila im US-Bundesstaat New Mexico.
Für Armstrong steht dort die abschließende Königsetappe an. Nach fünfwöchiger Verletzungspause absolvierte der Amerikaner eine gute Generalprobe für seine Premiere beim 92. Giro d'Italia. Der erste Podiumsplatz seit dem Comeback des 37-Jährigen im Januar im Zeitfahren hatte dem Rekonvaleszenten Mut für seinen Trip nach Italien gemacht, der am 9. Mai in Venedig mit dem 20,5 Kilometer langen Team-Zeitfahren beginnt. «Ich fühle mich gut für den Giro und kann mich nicht beklagen», sagte Armstrong nach seinem dritten Platz und 38 Tage nach seiner Schlüsselbein-Operation.
Am Tag darauf war dem Texaner der Schreck in die Glieder gefahren, als er auf der vorletzten Etappe, einem Kriterium in Silver-City, in der zweiten Runde einem Sturz nur knapp entging. Spitzenreiter Levi Leipheimer, leicht gestürzt, und Armstrong erreichten das Ziel nach 40 Runden zeitgleich mit Tagessieger Roman van Uden (Niederlande).
Der überraschende Start des siebenfachen Tour-Siegers in New Mexico konnte kurzfristig nur realisiert werden, weil ihm der Weltverband UCI wie zum Jahresbeginn in Australien die Hand reichte und eine «Lex Armstrong» schuf. Eigentlich hätten bei der unterklassigen Tour keine ProTour-Teams starten dürfen. Aber weil der prominente Seriensieger vor dem Giro nach seinem chirurgischen Eingriff noch Wettkampf-Kilometer brauchte, lenkte die UCI ein.
Schon bei Armstrongs Comeback bei der Tour Down Under hatte der Dachverband ein Auge zugedrückt. Der Amerikaner hätte dort noch nicht starten dürfen, weil er nach der Ankündigung seiner Rückkehr nach dreieinhalb Jahren Ruhestand nicht lange genug im Anti-Doping- Programm des US-Verbandes war. Bei der Tour of Gila starten Armstrong, der mutmaßliche Gesamtsieger Leipheimer sowie die übrigen Astana-Fahrer nicht im üblichen türkis-weiß, sondern in pechschwarzen Trikots mit der Aufschrift «Mellow Johnny's». Damit werben sie für eines von Armstrongs Fahrrad-Geschäften.
«Ich muss jetzt noch etwas abnehmen», sagte Armstrong, der nach seinem Italien-Abstecher im Juni in den Staaten in die Endphase seiner Vorbereitung für die am 4. Juli in Monaco startende Tour treten will. Beim Giro dürfte kaum mit ihm zu rechnen sein, außer zum Auftakt beim Mannschaftszeitfahren am Lido di Venezia vielleicht. Dort ist sein Astana-Team Favorit und Armstrong könnte zum ersten Mal in seinem Leben das Rosa Trikot - wenigstens kurzzeitig - tragen.
Der Mann bei Astana für das Gesamtklassement ist in Abwesenheit des Giro-Siegers 2008, Alberto Contador, ohne Zweifel Leipheimer, der in New Mexico seinen dritten diesjährigen Rundfahrt-Sieg ansteuert. «Levi ist im Moment unser Stärkster», sagte Bruyneel. Der Spanier Contador verzichtet auf den Giro und konzentriert sich voll auf die Tour, bei der Armstrong in ungewohnter Rolle des Edelhelfers auftreten könnte.
«Ich habe für den Giro keinen Druck zu gewinnen oder in Top-Form am Start zu stehen. Ich will einfach nur versuchen, einen von uns zum Sieg zu verhelfen», sagte Armstrong sechs Tage vor dem Giro-Start. Sein Sturz mit anschließender OP hätte seine Ansprüche schrumpfen lassen, obwohl er im März auch vor dem Unfall «noch nicht die Form hatte, beim Giro vorne mitzufahren». Armstrong setzt auch auf Leipheimer: «Wir haben in ihm einen starken Mann, auch wenn Ivan Basso natürlich der Topfavorit ist».
Sogar auf Strecken-Erkundungen verzichtete der sonst für seine Akribie bekannte Texaner. Nur das Zeitfahren in Cinque Terre über 63 Kilometer hat er sich angeschaut. «Sehr schwierig», urteilte der Giro-Novize.