Zürich (dpa) - Rudy Pevenage hat in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» von illegalen Bluttransfusionen in Österreich, über die Doping-Affäre Fuentes, sowie den «alten» und «neuen» Radsport gesprochen.
Schuldeingeständnisse sind beim ehemaligen engen Betreuer von Ex-Profi Jan Ullrich und früheren Teamchef bei T-Mobile allerdings Fehlanzeige. «Ich glaube, dass ich keine zweite Chance erhalten würde, wenn ich das getan hätte», sagte der 55-jährige Belgier, jetzt in Diensten des drittklassigen US-Rennstalls Rock Racing, der NZZ.
Regelwidrige Blut-Transfusionen von Spitzensportlern in Österreich sind nach Pevenages Ansicht seit Jahren ein «offenes Geheimnis gewesen». Der Belgier sagte weiter: «Im Radsport wussten viele schon vor drei Jahren, dass da in Wien ein Nest ist. Als ich von der Tour de France ausgeschlossen wurde, wusste ich, dass Fuentes nicht als Einziger in Spanien ein Netz gesponnen hatte. Es gibt solche Netze in Süditalien, es gibt sie in Österreich. Das wusste damals die Hälfte der sportlichen Leiter, nur geredet wurde darüber nicht».
Pevenage, der zu Jahresbeginn beim Jeans-Hersteller Michael Ball als Teamchef nach seinem Rauswurf bei T-Mobile 2006 eine Rückkehr in den Radsport schaffte, fühlt sich in der Affäre des mutmaßlichen spanischen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes als Sündenbock: «Natürlich bin ich das. Einige wenige andere sind es aber auch». Damit meinte er vermutlich auch Ullrich, der wie er nach Zahlung einer Summe in unbekannter Höhe um einen Prozess herumkam. Die Bonner Staatsanwaltschaft verzichtete trotz zahlreicher Indizien auf eine Anklage gegen beide.
«Damals, das waren andere Zeiten. Ich habe lieber die Zeit von heute. Die Zeit damals konnte ich nicht ändern. Man dreht mit. Aber ich weiß auch, dass die Resultate der Besten so oder so gleich gut gewesen wären», sagte er weiter und kommt zu dem Schluss: «Betrug lässt sich nie ausschließen, Auch in anderen Sportarten nicht - und schon gar nicht im normalen Leben.» Pevenage fordert konsequente Kontrollen nicht nur im Radsport. «Es ist gut, dass es nun strengere Kontrollen gibt. Aber die müsste es auch anderswo geben, im Langlauf, im Schwimmen, in der Leichtathletik».
Pevenages Rock Racing-Team gilt als Sammelbecken für Profis mit besonderer Vergangenheit. Manche Namen im Team und das Outfit (ganz in schwarz mit einem Totenkopf) gelten als Provokation. Der Amerikaner Tyler Hamilton holte 2004 in Athen den Olympiasieg im Zeitfahren, danach wurde er des Blut-Dopings überführt und zwei Jahre gesperrt. Er durfte seine Goldmedaille nur behalten, weil die falsch gelagerte B-Probe nicht mehr geöffnet werden konnte. Die Spanier Oscar Sevilla, einst T-Mobile-Kollege neben Ullrich, Francisco Mancebo und José Guttierez galten als Fuentes-Kunden genau wie Hamilton nach der Verbüßung seiner Strafe.
«Die meisten bei mir im Team hatten noch nie etwas mit Doping zu tun. Die anderen, Guttierez, Sevilla, Hamilton und Mancebo haben so gelitten mit ihren Geschichten, dass sie Doping nie wieder anrühren. Sevilla lebt jetzt in Kolumbien auf 3000 Meter Höhe, er hat bessere Blutwerte als früher», berichtete Pevenage, der demnächst ein Buch veröffentlichen will, von dem seit der Tour 2008 die Rede ist: «Es ist voll mit schönen Erinnerungen. Es handelt nicht von Doping, das mag ich nicht.»