Roubaix (dpa) - Außenseiter-Tipp Dylan van Baarle lehnte sich erschöpft auf den Lenker und vergrub sein Gesicht ungläubig in seinen Händen.
Der niederländische Radprofi gewann am Ostersonntag das schnellste Paris-Roubaix der Geschichte und feierte mit dem Triumph in der «Hölle des Nordens» den größten Erfolg seiner Karriere. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45,792 km/h überquerte van Baarle im berühmten Velodrom von Roubaix als Solist die Ziellinie. Zweiter wurde der Belgier Wout van Aert vor dem Schweizer Stefan Küng. Ex-Sieger John Degenkolb belegte als bester Deutscher Platz 18, Nils Politt fuhr auf Rang 22.
Als Pokal wie üblich ein Pflasterstein
«Ich konnte es nicht glauben, als ich allein ins Velodrom fuhr. Ich habe geschaut, wo die anderen sind. Aber ich war allein. Das war verrückt», sagte van Baarle nach dem 254,5 Kilometer langen Ritt über 30 Kopfsteinpflaster-Sektoren. Vor zwei Wochen musste sich der 29-Jährige bei der Flandern-Rundfahrt noch mit Platz zwei begnügen. Nun gelang ihm der große Wurf. Als Pokal gab es wie üblich einen massiven Pflasterstein.
Das Rennen der Frauen am Vortag gewann die italienische Meisterin Elisa Longo Borghini als Solistin vor der Belgierin Lotte Kopecky und Lucinda Brand aus den Niederlanden. Nach 124,7 Kilometern wurde Romy Kasper auf Platz 19 beste Deutsche bei der zweiten Auflage des Frauen-Rennens.
Das Rennen der Männer nahm bereits etwas mehr als 200 Kilometer vor dem Ziel Fahrt auf. Das britische Team Ineos-Grenadiers fuhr das Feld an einer Windkante auseinander und eine Spitzengruppe von über 70 Fahrern bildete sich. Die Favoriten Mathieu van der Poel, van Aert oder Kasper Asgreen verpassten allesamt die Attacke ebenso wie Degenkolb. Dafür war Politt vorn dabei.
Mehrere Stürze und Defekte
Zwar fuhr die Gruppe einen Vorsprung von weit über einer Minute heraus, doch durch mehrere Stürze und Defekte sortierte sich das Rennen nach dem berüchtigten Sektor im Wald von Arenberg neu. Ein Trio aus Matej Mohoric, Tom Devriendt und Laurent Pichon führte das Rennen gut 80 Kilometer vor dem Ziel an, während sich die Favoriten im Feld dahinter mit etwa zwei Minuten Rückstand aufhielten.
Gerade der für seine langen Fluchten bekannte Mohoric machte den Stars des Rennens Sorgen. Schließlich feierte der Slowene durch waghalsige Fluchten bereits Siege bei der Tour de France und Mailand-Sanremo. So verschärfte van Aert persönlich etwa 57 Kilometer vor dem Ziel das Tempo, wodurch Degenkolb und Politt endgültig abgehängt wurden.
Auf dem brutalen Fünf-Sterne-Sektor Mons-en-Pévèle trat van Aert erneut an und die Gruppe der Top-Fahrer verkleinerte sich abermals. Allerdings bekam der belgische Meister das Rennen nicht unter Kontrolle. Sein Landsmann Yves Lampaert und der Niederländer Dylan van Baarle bildeten mit Mohoric und Devriendt eine neue starke Spitzengruppe mit über 40 Sekunden Vorsprung.
Zwar war Flandern-Sieger van der Poel endgültig abgehängt, doch die Spitze sah van Aert nicht wieder. Van Baarle setzte sich schließlich kurz vor dem 2100 Meter langen Carrefour de l'Arbre, einem der härtesten Sektoren, ab und ließ sich den Triumph nicht mehr nehmen.
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