Hamburg (dpa) - Radprofi Edvald Boasson Hagen hat dem Topfavoriten André Greipel ein Schnippchen geschlagen und dessen angepeilten Heimsieg verhindert.
Der clevere Norweger gewann die 16. Hamburger Cyclassics und ließ im Schlussspurt nach 216,5 Kilometern weder dem unglücklichen Gerald Ciolek noch dem Slowenen Borut Bozik eine Chance. Damit bleibt Erik Zabel, der das wichtigste deutsche Eintagesrennen jetzt als Sportdirektor leitet, letzter einheimischer Sieger in Hamburg. Greipel und Weltmeister Thor Hushovd (Norwegen) waren nicht in der etwa 35 Fahrer starken Spitzengruppe vertreten und beim letzten Anstieg auf den bis zu 16 Prozent steilen Waseberg zurückgefallen.
Der traurige Ciolek lieferte zwar seine wahrscheinlich beste Saisonleistung ab, zum großen Coup reichte es indes wieder nicht. Der frühere U23-Weltmeister vom belgischen Quick-Step-Team machte gute Miene zum bösen Spiel. «Ein zweiter Platz ist ein gutes Ergebnis - da muss man zufrieden sein. Ich war relativ nah dran am Sieg, aber Boasson Hagen war einfach stärker», sagte der Sprinter, der weiter auf seinen ganz großen Durchbruch wartet. Rundum glücklich war dagegen der zweifache Tour-de-France-Etappensieger Boasson Hagen, der in dieser Form auch zu den ersten Titelanwärtern in knapp vier Wochen bei der Straßen-WM in Kopenhagen zählt. Da dürfte auch Greipel zu seinen großen Konkurrenten zählen.
«Das war heute ein großer Tag für mich. Unser Teamwork hat super geklappt. Der letzte Anstieg auf den Waseberg hat den Unterschied gemacht», sagte Boasson Hagen nach dem Rennen. 16 Kilometer vor dem Ziel auf der Mönckebergstraße musste die einzige nennenswerte Erhebung des Rennens zum dritten Mal erklommen werden. Das war offensichtlich ein bisschen viel für Greipel, der vor dem Rennen hoch gehandelt wurde, gerade wegen seiner vorangegangenen beiden Etappensiege bei der Eneco-Tour. Die Greipel-Gruppe kam im Finale nicht mehr an die Führenden heran. An der Spitze der schnellsten Gruppe hatten zum Schluss Boassons Hagens Teamkollegen gnadenlos Tempo gemacht und ihrem Chef den Weg bereitet.
Greipels nächstes Saisonziel ist die WM. «Ich habe mit allen nominierten Fahrern gesprochen. Sie sind bereit, für Greipel zu arbeiten. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, haben wir Medaillenchancen», sagte Udo Sprenger, als Vizepräsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) verantwortlich für die WM-Aufstellung. Rudi Altig war 1966 der letzte deutsche Straßen-Weltmeister.
Bei «Kaiserwetter» hatten sich im einzigen deutschen World-Tour-Rennen in Abwesenheit des Titelverteidigers Tyler Farrar (USA) schon früh fünf Fahrer vom Feld abgesetzt. Die letzten der Ausreißer, Lars Ytting Bak (Dänemark/HTC) und Pavel Brutt (Russland/Katjuscha), waren vor der letzten Passage des Wasebergs gestellt worden. Offiziell 750 000 Zuschauer verfolgten das Rennen. Die Zahl und der erfolgreiche Ablauf machten den Veranstaltern Mut, «sich in nächster Zeit für die Rad-WM in Hamburg» zu bewerben, wie Organisationschef Frank Bertling erklärte.
Vor den Profis waren bei den 16. Cyclassics genau 19 974 von 22 000 gemeldeten Jedermann-Fahrer und -Fahrerinnen auf die Strecke gegangen. Für zwei schwerer verletzte Radsportler endete das Rennen im Krankenhaus.