Madrid (dpa) - Mit dem «biologischen Pass» will der krisengeplagte Radsport von der nächsten Saison an verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.
Doch schon jetzt machte der Däne Michael Rasmussen, als Spitzenreiter von der diesjährigen Tour de France ausgeschlossen, aus freien Stücken sein Blutprofil öffentlich. «Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen Transparenz», sagte der Nürnberger Pharmakologe Fritz Sörgel der Deutschen Presse- Agentur dpa.
Rasmussens Blutprofil besteht aus je 24 Werten für Hämatokrit und Hämoglobin, die in den vergangenen drei Jahren bei Trainings- und Wettkampftests genommen wurden. Alle Werte liegen erwartungsgemäß unter dem Grenzwert. Dennoch ist die Veröffentlichung ein überraschender Coup, da der Däne bislang vor allem durch seine Verschleierungstaktik in Trainings- und Dopingfragen auffiel.
Der 33-Jährige gab widersprüchliche, unzureichende und verspätete Angaben über seinen Aufenthaltsort, so dass ihn Dopingfahnder oftmals nicht antrafen und unverrichteter Dinge wieder abziehen mussten. Diese Lügengebäude führten dazu, dass ihn sein niederländischer Rennstall Rabobank während der diesjährigen Tour entließ und ihm eine zweijährige Sperre durch den Weltverband UCI droht.
Zwar begrüßte Sörgel die Trendwende Rasmussens, doch die Werte des Dänen sorgen bei dem Anti-Doping-Spezialisten für Stirnrunzeln. Bei der Frankreich-Rundfahrt 2005, als Rasmussen erstmals das Bergtrikot eroberte, lag der Hämatokritwert mit leicht sinkender Tendenz - knapp unter 40 Prozent. Der Grenzwert, der eine Schutzsperre nach sich zieht, liegt bei 50. Im Folgejahr begann er bei 40,4 Prozent, fiel zum Ende aber auf 38,1. «Wenn diese Werte stimmen, wenn er nicht über Möglichkeiten zur Manipulation der Proben verfügt, dann zeigt das, dass man bei der Tour de France auch mit relativ geringem Hämatokritwert weit vorn dabei sein kann. Das wäre eine ermutigende Botschaft», sagte Sörgel.
Bislang gingen Experten davon aus, dass hohe Blutwerte sie bedeuten eine bessere Sauerstoff-Transportfähigkeit des Blutes - unabdingbar für Spitzenleistungen seien. Dies wird allerdings durch Rasmussens Werte bei der Tour 2007 konterkariert. Auch diese liegen weit unter der sportjuristisch relevanten Marke von 50. Doch sie steigen im Verlauf der dreiwöchigen Rundfahrt von anfänglich 40,3 bis zu 43,9 Prozent. Diese Werte geben Sörgel Rätsel auf: «Alle bislang bekannten Daten von Sportlern weisen daraufhin, dass Hämatokrit und Hämoglobin bei längerer Wettkampfbelastung sinken.»
Rasmus Damsgaard, für das Kontrollprogramm beim CSC-Rennstall verantwortlich, hat an der Echtheit der Werte seine Zweifel: «Mit diesen Werten ist Rasmussen ein physiologisches Wunder. Vom wissenschaftlichen Standpunkt her ist das nicht zu erklären», sagte Damsgaard am Rande der Welt-Anti-Doping-Konferenz in Madrid. Obwohl Rasmussen stets beteuerte, in seiner ganzen Karriere nie gedopt zu haben, hatte ihm das Pariser Anti-Doping-Labor das Präparat Dynepo im Blut nachgewiesen. Laut der französischen «LEquipe» ist der Test, der mit Blutproben der Tour 2007 durchgeführt wurde, wissenschaftlich völlig korrekt.