Harrogate (rad-net) - Mads Pedersen hat in Harrogate für ein Überraschung gesorgt und sich im Straßenrennen der Männer das Regenbogentrikot geschnappt. Im Sprint einer dreiköpfigen Gruppe siegte der Däne vor Matteo Trentin (Italien) und Stefan Küng (Schweiz). Dänemark kann damit erstmals einen Profi-Weltmeister feiern.
John Degenkolb wurde als bester Deutscher 15. Nils Politt, der sich im Finale immer wieder sehr aktiv vorne zeigte, aber nicht die richtige Gruppe erwischt hatte, fuhr auf den 19. Platz.
Einmal mehr spielte das schlechte Wetter am Sonntag eine große Rolle. Dauerregen in der Nacht führte dabei zu einer Streckenverkürzung von 285 auf 261 Kilometer. Der ursprüngliche Kurs wäre sonst das längste WM-Rennen seit 1976 gewesen. Trotzdem standen Teile des Kurses noch unter Wasser. Und bei andauerndem Regen, starkem Wind und Temperaturen von nur rund zehn Grad ließen die Profis das Rennen etwas ruhiger angehen.
Nach rund 15 gefahrenen Kilometern setzten sich zunächst der deutsche Nationalfahrer Jonas Koch, Jan Polanc (Slowenien), Giro-Sieger Richard Carapaz (Ecuador) und Eduard Michael Grosu (Rumänien) vom Feld ab. Während Grosu kurze Zeit später wieder reißen lassen musste, schlossen von hinten mit Vuelta-Sieger Primoz Roglic (Slowenien), Nairo Quintana (Kolumbien), Majec Bodnar (Polen), Silvain Dillier (Schweiz), Petr Vakoc (Tschechien), Alex Howes (USA) und Magnus Cort Nielsen (Dänemark) einige weitere starke Fahrer vom hinten auf. Das Feld ließ die zehn Fahrer gewähren und bald hatten sie ihren Maximalvorsprung von rund vier Minuten.
Die Rennsituation blieb lange unverändert. Erst als nach rund 130 gefahrenen Kilometern die 13,8 Kilometer lange Zielrunde in und um Harrogate erreicht wurde, wurde das Tempo im Feld wieder erhöht. 110 Kilometer vor dem Ziel wurden die Ausreißer eingeholt.
Kurz zuvor war mit Philippe Gilbert (Belgien) einer der Favoriten gestürzt. Sein junger Landsmann Remco Evenepoel versuchte ihn noch einmal ans Feld heranzufahren, doch offenbar hatten die anderen Belgier nicht mitbekommen, dass Gilbert gestürzt war und machten zu dem Zeitpunkt vorne das Tempo. Das Duo konnte den Anschluss nicht mehr herstellen und stieg schließlich aus. Der 37-Jährige war an diesem Tag aber nicht das einzige Opfer: Vor allem das Wetter machten vielen Fahrern zu schaffen. Auch Titelverteidiger Alejandro Valverde (Spanien) stieg kurze Zeit später aus und auch Deutschlands Sprinthoffnung Pascal Ackermann musste im Finale nach einem Defekt die Segel streichen.
Das Tempo im Feld wurde vor allem von den Nationalteams aus Frankreich, Italien und den Niederlanden weiter hoch. Dadurch gab es eine Zeitlang keine Angriffe, aber immer mehr Fahrer fielen zurück.
67 Kilometer vor dem Ziel fiel die Vorentscheidung. Da fuhr Lawson Craddock (USA) aus dem Peloton davon. Und mit ihm ging Küng mit. 20 Kilometer später schloss der spätere Weltmeister Pedersen auf. Und während Craddock nicht mehr folgen konnte, kamen auch noch Gianni Moscon (Italien) und Mike Teunissen (Belgien) nach vorne.
33 Kilometer vor dem Ziel kam die eigentlich erwartete Attacke von Mathieu van der Poel (Niederlande). Gemeinsam mit Trentin stelle er den Anschluss zur Spitzengruppe her, aus der zwischenzeitlich aber Teunissen hatte reißen lassen müssen. Damit sollten schließlich Van der Poel, Trentin, Küng, Pedersen und Moscon um die Medaillen fahren, denn trotz der Nachführarbeit der Belgier kam das Peloton nicht mehr an die Ausreißer heran.
Und eigentlich war Van der Poel, der sich stark präsentierte und immer wieder die Tempoarbeit übernahm, der klare Favorit auf den Sieg. Doch zwölf Kilometer vor dem Ziel musste der 24-Jährige plötzlich den Anstrengungen Tribut zollen und fiel völlig entkräftet zurück.
Am Beck Oak Climb fünf Kilometer vor dem Ziel verschärfte Küng das Tempo, was zur Folge hatte, das Moscon, der zuvor auch schon einmal Probleme hatte, nicht mehr folgen konnte.
Somit machten drei Rennfahrer das Rennen unter sich aus. Auf der Zielgeraden belauerte sich das Trio. 250 Meter vor dem Ziel eröffnete Matteo Trentin den Sprint, doch bald verließen den Italiener die Kräfte und Mads Pedersen hatte keine Mühe, noch vorbeizuziehen und gewann mit mehreren Radlängen Vorsprung. Stefan Küng wies sogar noch zwei Sekunden Rückstand auf.
«Es ist unglaublich. Ich habe das nicht erwartet, als wir heute Morgen gestartet sind. Es war ein unglaublicher Tag», sagte Pedersen im Siegerinterview. «Es ist der Traum eines jeden Fahrers, dieses Trikot zu tragen, und für mich ist es unglaublich, das jetzt zu tun.» Pedersen war eigentlich gar nicht der Mann, auf den die Dänen gesetzt hatten. «Der Plan war, dass ich auf den ersten Runden wegfahren, und dann würden Belgien und [sein Landsmann, Anm. d. Red.] Jakob Fuglsang von hinten kommen. Aber am Ende folgten sie Van der Poel und Trentin nicht, als sie zu meiner Gruppe kamen. Dann war ging es nur ums Überleben und auf das Beste im Sprint zu hoffen. Ich habe nur gehofft, dass, wenn ich die Ziellinie sehe, alle Schmerzen verschwunden sind und ich einen guten Sprint fahren kann. Es waren sechseinhalb Stunden auf dem Rad und jeder war am Limit. In diesem Sprint konnte alles passieren.»