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Oliver Naesen fühlt sich nicht gerecht behandelt. Foto: Ag2r-Citroen
01.04.2021 14:52
Oliver Naesen über Online-Kritik: «Als ob wir kein Existenzrecht mehr hätten»

Wevelgem (rad-net) - Der belgische Profi Oliver Naesen hat sich über die Darstellung vieler Fahrer in den sozialen Medien beschwert. Der Klassiker-Spezialist kritisierte die Lobhudelei um Wout van Aert und dessen Cyclo-Cross-Kollegen Mathieu van der Poel, neben der für alle anderen Profis nur Kritik übrig sei.

Naesen bestreitet mit seinem Team Ag2r-Citroën zurzeit die Klassikersaison, wobei er bei der E3 Saxo Bank Classic am vergangenen Freitag bislang das beste Ergebnis einfahren konnte, als er gemeinsam mit seinem Teamkollegen und Co-Kapitän Greg van Avermaet den vierten und sechsten Platz belegte. Ein gutes Ergebnis, wie der Profi für sich und seinen Kameraden feststellte, doch in den sozialen Medien hagelte es Kritik für beide Fahrer. «Wir haben beide viel Kritik erhalten, aber ich denke, dass wir gar nicht so schlecht waren», erklärte Naesen jetzt. «Bei E3 waren wir Vierter und Sechster. Dann ist man nicht der schlechteste Fahrer der Welt, aber genau das ist es, was man online liest.»

Naesen war beim E3 Saxo Bank Classic in eine frühe Ausreißergruppe gesprungen und später von seinem Teamkameraden Van Avermaet aufgeholt worden, der Mathieu van der Poel (Alpecin-Fenix) und Wout van Aert (Team Jumbo-Visma) als Gesellschaft dabeihatte. Nachdem Van Aert am Tiegemberg abreißen lassen musste, fand sich schließlich die finale Spitze um Naesen, Van Avermaet, Van der Poel und das Deceuninck-Quick Step-Trio Florian Sénéchal, Zdenek Stybar und Kasper Asgreen. Letzterer griff gut fünf Kilometer vor dem Ziel an und bereitete damit seinen Solosieg vor. «Greg wurde dafür kritisiert, nicht mit Wout und Mathieu gemeinsam gearbeitet zu haben, während ich vor ihnen fuhr, das ist für mich unbegreiflich», berichtete Naesen weiter. «Danach haben wir mit Mathieu Vollgas gegeben, aber Wout war hinten raus, und natürlich ist er der Liebling von Flandern, also wenn man sich so etwas traut, ist das sehr unanständig, oder? Es gab Kritik, weil wir im Finale nicht auf Asgreen reagiert haben. Das war meine Verantwortung, das weiß ich auch, aber wenn man am Limit ist, kann man nicht mehr schneller fahren. Es hat einfach der Beste gewonnen.»

Bei Gent-Wevelgem am vergangenen Sonntag traten Naesen und Van Avermaet erneut an, nur um später Kritik in den sozialen Medien zu erhalten. Die beiden Fahrer hatten hier verpasst zu Beginn in die frühe Ausreißergruppe zu springen, der sie danach für den Großteil des Rennens hinterherfuhren, sodass es in den sozialen Medien hieß, sie hätten sich vor der Arbeit gedrückt. «Scheinbar ist es das, wie es ab jetzt laufen wird. Entweder gibst du Vollgas und denkst nicht zu viel nach. So wie wir das gemacht haben, wirst dafür aber am Ende von ungebildeten Menschen online als 'dumm' bezeichnet oder du nutzt dein Gehirn, aber dann nennen dich die Faulenzer auf dem Sofa zu Hause 'faul'.»

Dabei betonte Naesen mit der Kritik grundsätzlich umgehen zu können, doch dass die Lobhudelei, die Van Aert und Van der Poel zufiele, unangebrachte Kritik fördere. Neben den beiden Ausnahmetalenten stünde einfach jeder andere Fahrer schlecht da: «Mich interessiert die Kritik an sich nicht wirklich, aber jeder ist so ein Fan von Wout und Mathieu, dass egal was du tust, alles falsch ist. [...] Es ist berechtigt, dass Wout und Mathieu als heilig angesehen werden, aber wenn ich ein Rennsportfan wäre, würde ich die Dinge viel positiver sehen. Es ist nicht so, dass nur zwei oder drei gute Jungs teilnehmen und der Rest schlecht ist. Nein, es gibt zwei oder drei, die supergut sind und auf einem Niveau, das wir seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen haben. Aber es ist nicht so, dass der Rest wertlos ist.»

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