Bern (dpa) - Vier Etappensiege im vergangenen Jahr, davon einen im Finale in Paris: André Greipel hat die Sprints der Tour de France 2015 dominiert. 2016 wartet er noch auf einen Sieg.
Bevor die letzte Chance bei der Frankreich-Rundfahrt kommt, wartet mit den Alpen-Prüfungen alles andere als «ein Zuckerschlecken» auf Fahrer wie Greipel. Dass im Kampf um den Sieg auf den Champs-Élysées am kommenden Sonntag in Mark Cavendish der in diesem Jahr die Sprints beherrschende Fahrer nach seiner Aufgabe fehlen wird, dürfte Greipels Chancen erhöhen. In einem dpa-Interview sprach er über Form, Fehler und die Chancen auf den Etappensieg in Paris.
Wird anders gefahren im Sprint in diesem Jahr?
Greipel: Es sind verschiedene Dinge, woran es einfach liegt. Auf Sprints, bei denen es vorher 20 Kurven auf den letzten sechs, sieben Kilometern gibt, ist es natürlich schwer, als Mannschaft zusammenzubleiben. Mit Sicherheit ist es auch bei einem Gegenwind-Sprint schwer, als Mannschaft zu dominieren. Und wenn man auf der Windkante vorgeführt wird, von einem Bergfahrer Chris Froome und Peter Sagan sowieso, dann macht man sich auch so seine Gedanken. An dem Tag war aber kein Kraut gewachsen. Das sind verpasste Chancen.
An Ihrer Form oder Verfassung liegt es nicht?
Greipel: Nein. Die Wattwerte sind genau dieselben wie im vergangenen Jahr. Mit Sicherheit habe ich aber meine Fehler gemacht, ganz klar. Ich suche die Schuld nicht bei anderen, ich suche sie auch bei mir. Am Ende bin ich aber auch nur ein Mensch, der Fehler macht. Es kann nicht immer die Sonne scheinen, es muss auch schon mal regnen, und manchmal regnet es halt länger. Aber die Sonne scheint auf jeden Fall wieder. Am Sonntag habe ich natürlich die Chance, meine Tour zu retten, und das versuche ich auf jeden Fall.
Das hat ja im vergangenen Jahr schon geklappt...
Greipel: Wenn man den Sprint vom vergangenen Jahr sieht, kann man aus der Position auf den Champs-Élysées eigentlich nicht gewinnen - ich habe es trotzdem geschafft. Ich bin da sicher einen starken Sprint gefahren, aber es wäre schon von Vorteil, wenn man den Sprint ein bisschen weiter von vorne beginnen könnte.
Für Sie kommen vorher mit den Alpen-Etappen aber noch schwere Aufgaben. Können Sie da überhaupt Kraft sparen?
Greipel: Ich fahre mit Sicherheit nicht spazieren über die Alpen. Das wird kein Zuckerschlecken. Ich gehe jetzt von zwei Etappen aus, die auf jeden Fall noch mal brutal hart werden.
Wie sehr ärgert es Sie, dass sie vor einem Jahr noch der große Sprinter der Tour waren und es dieses Jahr nicht klappt?
Greipel: So ist halt der Radsport, so wird es eigentlich auch verkauft, dass ich in dem Sinne versage. Aber wenn man es sieht: Wenn ich die dritte Etappe gewonnen hätte, dann wäre es anders.
Welche speziellen Fehler haben Sie gemacht?
Greipel: Mit Sicherheit lag es oft an der Position, wir haben aber mit der Mannschaft zusammen auch Fehler gemacht. Man versucht, sich vor einer Etappe eine gewisse Taktik zurechtzulegen und sie dann auszuführen. Die konnten wir aber oft nicht so ausführen. Es sind Dinge, die man vorab nicht planen kann, weil andere Fahrer auch starke Teams und Unterstützung haben. Als ich Zweiter geworden bin, hatte ich sicherlich einen zu hohen Gang drin.
ZUR PERSON: André Greipel (34), Radrennfahrer aus Rostock. Fährt für das Team Lotto Soudal. Der Sprinter gewann im vergangenen Jahr vier Etappen bei der Tour de France. 2016 sicherte sich Greipel drei Tagessiege beim Giro d'Italia, zudem wurde er vor der 103. Auflage der Frankreich-Rundfahrt deutscher Meister.