Brüssel (dpa) - Der Profi-Radsport trauert um Frank Vandenbroucke. Das einstige Supertalent, das seit Jahren nur noch durch Doping- und Alkoholaffären sowie private Probleme für Schlagzeilen gesorgt hatte, wurde im Alter von 34 Jahren in einem Hotelzimmer im senegalesischen Salyl tot aufgefunden.
Vandenbroucke, der zwei Töchter hinterlässt, soll einer Lungenembolie erlegen sein. Unter Berufung auf Berichte aus Frankreich meldeten belgische Medien indes, Vandenbroucke sei in weiblicher Begleitung betrunken in das Hotel gekommen, hätte sich später übergeben müssen und bis mittags sein Zimmer nicht verlassen. An seinem Bett seien Insulin, ein Schlaf- und ein Beruhigungsmittel gefunden worden. Ein Journalist und ein Fotograf hätten später das Zimmer des Toten problemlos betreten können. Vandenbrouckes Mutter kündigte eine Obduktion der Leiche an.
Fünfeinhalb Jahre nach dem frühen Tod von Italiens Idol Marco Pantani, der an einer Überdosis Kokain gestorben war, hat die internationale Radszene erneut einen tief gestürzten Helden verloren. «Eine Tragödie à la Pantani», schrieb die italienische Zeitung «Gazzetta dello Sport» nach Bekanntwerden der Nachricht.
Vandenbroucke hatte erst einen Tag vor seinem Tod in dem westafrikanischen Land den Urlaub begonnen. Seine Mutter Chantal Vanruymbeke hatte noch nach seiner Ankunft mit ihm gesprochen. «Er war ganz fröhlich. Er logierte im schönsten Hotel des Senegal. Ich schwebte wie auf Wolken, dass wir nach zehn harten Jahren unseren Sohn zurückgewonnen hatten. Und nun kommt das. Ich bin erschüttert», sagte sie der Zeitung «Het Nieuwsblad» nach der Todesnachricht, die sie am Unfalltag erhalten hatte. Vandenbrouckes Onkel Jean-Luc erklärte, sein Neffe habe Hochs und Tiefs gehabt. «Automatisch denkt man an Pantani», meinte der Ex- Profi und sprach «leider nur von einer halben Überraschung».
Der in Belgien auch als «VDB» bekannte Rad-Star gewann 1998 die Fernfahrt Paris-Nizza und feierte ein Jahr später als größten Erfolg den Sieg beim Frühjahrs-Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich. Im Spätsommer folgten zwei Etappensiege bei der Spanien-Rundfahrt. An diese Triumphe konnte er nie wieder anknüpfen. Noch 1999 suspendierte ihn das Cofidis-Team im Zuge der Doping-Affäre um den «Dr. Mabuse» genannten Arzt Bernard Sainz. 2002 durchsuchte die belgische Polizei sein Haus auf der Suche nach verbotenen Mitteln und fand EPO, Morphium und das muskelbildende Präparat Clenbuterol. 2007 sprach ihn ein Gericht in zweiter Instanz aber frei.
Vandenbroucke hatte zudem Eheprobleme, litt unter Depressionen und hatte vor zwei Jahren versucht, sich mit einer Überdosis Medikamente das Leben zu nehmen, da sich seine Frau von ihm trennen wollte. Mehrere Comeback-Versuche scheiterten, seit diesem Sommer war er nach einem kurzen Gastspiel beim Rennstall Cinelli-OPD ohne Vertrag, wollte aber für 2010 eine neue Mannschaft suchen. Vandenbroucke sei enttäuscht gewesen, dass dies bisher nicht geglückt sei, erklärte Patrick Lefevere, der Manager des Quick-Step-Teams.
In Belgien wurde Vandenbrouckes Tod mit großer Bestürzung aufgenommen. «Ich kann es noch immer nicht glauben. Ich habe kürzlich mit ihm gesprochen, da sagte er, er sei frisch und munter», erklärte der einstige Radprofi Lucien van Impe, der Vandenbroucke zwischenzeitlich als Sportlicher Leiter betreut hatte. «Er war ein sehr harter Brocken, aber mit einem enormen Talent. Ich kann jetzt keinen Fahrer mehr nennen, der die selben Qualitäten wie VDB hat. Er hätte viel mehr Siege feiern müssen, so viel ist sicher» erklärte van Impe. Vandenbroucke gewann in seiner Karriere mehr als 50 Rennen.