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Jan Ullrich bei einer Pressekonferenz im Mai 2006. Foto: dpa
18.11.2007 13:31
«Focus» mutmaßt: Ullrich bei Toursieg gedopt

Berlin (dpa) - Das Nachrichtenmagazin «Focus» mutmaßt, dass Jan Ullrich bei seinem Tour-de-France-Sieg 1997 gedopt war. Dabei beruft sich das Blatt auf mitgeschnittene Gespräche zwischen Ullrichs langjährigem Betreuer und Trainer Rudy Pevenage und dem früheren Telekom-Masseur Jef D'Hont.

D'Hont bereitet gerade sein zweites Enthüllungs-Buch über Doping-Praktiken im Profiradsport vor. Der von «Focus» beschuldigte Pevenage, gegen den auch die Bonner Staatsanwaltschaft wie gegen Ullrich wegen Betrugsverdacht vor dem Hintergrund der Doping-Affäre Fuentes ermittelt, mauert. «Ich weiß von nichts. Ich sage dazu nichts», erklärte der 54-jährige Belgier der Deutschen Presse-Agentur dpa zu den neuen Vorwürfen.

Ullrich, der vor elf Jahren als erster Deutscher die Tour gewann und danach zu einem Höhenflug ansetzte, der ihm neben vielen Millionen einen Popstar-Kult bescherte, bestreitet Doping nach wie vor. Der 33-Jährige in der Schweiz wohnende Rostocker war im Februar als aktiver Profi zurückgetreten und betätigt sich zur Zeit als Repräsentant eines Schweizer Sportbekleidungs-Herstellers. Öffentlich trat er zuletzt bei einem Wohltätigkeits-Rennen im Oktober in Weil der Stadt als Hobby-Radler auf.

In seinen Unterhaltungen mit D'Hont, der im April mit seinen Veröffentlichungen im «Spiegel» die anschließende Welle der Geständnisse deutscher Profis und Ärzte ins Rollen gebracht hatte, hätte Pevenage nach «Focus»-Angaben laut Mitschnitt angedeutet, dass Ullrich jahrelang illegal nachgeholfen habe, um in der Weltspitze mitzufahren - mit EPO in den 90er Jahren, mit Eigenblutdoping zum Ende seiner Karriere.

Ähnliche Schlüsse hätte man bereits nach den ersten Ermittlungsergebnissen der Bonner Staatsanwaltschaft ziehen können. Per DNA-Abgleich ist inzwischen zweifelsfrei nachgewiesen, das 4,5 Liter bei Fuentes gelagertes Blut von Ullrich stammen. Außerdem sind Konto-Bewegungen zwischen Ullrich und dem spanischen Doping-Arzt aus Madrid belegt, der als Kopf eines Doping-Kartells gilt. Die früheren Telekom- und T-Mobile-Ärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid haben langjährige Manipulationen zugegeben.

Laut «Focus» hätte D'Hont den Doping-Fahndern vom Bundeskriminalamt die Adresse einer Apotheke im Breisgau genannt, in der sich die bis zu ihrer Entlassung in der Uni-Klinik Freiburg arbeitenden Teamärzte in den 90er Jahren mit Doping-Präparaten eingedeckt haben sollen. «Aus Ermittlungstaktischen Gründen» wollte Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier dazu nichts sagen. Heinrich und Schmid schweigen seit ihrer einzigen Einlassung im Mai, in der sie maßgebliche Beteiligung am Doping-System des Teams Telekom zugaben.

Laut Gesprächs-Protokoll hätte Pevenage, der Ullrich seit 1996 freundschaftlich verbunden ist, am 16. März in D'Honts Haus eingeräumt, Ullrich und einige Kollegen beim Blutdoping beraten zu haben. Die Fahrer hätten sich kurz vor den Rennen eigenes Blut injizieren lassen, um die Zahl der roten Blutkörperchen zu erhöhen. Pevenage hätte über die Einzelheiten des Verfahrens beim Blutdoping gesprochen und davon, dass zunächst nur ein Teil der Fahrer, schließlich aber alle im Team, darüber informiert gewesen seien. Pevenage hatte nie ein Hehl daraus gemacht, Fuentes seit Jahrzehnten zu kennen.

Die neuesten Aussagen des «Kronzeugen» Patrik Sinkewitz machten klar, dass auch in Freiburg offensichtlich nach Fuentes-Muster Blut- Doping noch bis Mitte vergangenes Jahr betrieben wurde. Der ehemalige T-Mobile-Profi, der bis 17. Juli 2008 gesperrt ist, hatte von einer missglückten Bluttransfusion am Ende der 1. Tour-Etappe am 2. Juli 2006 in Freiburg berichtet. Zwei Tage vorher hatte das Team die mit Doping in Verbindung gebrachten Profis Ullrich und Oscar Sevilla und Pevenage mit sofortiger Wirkung suspendiert und damit unmittelbar vor dem Tourstart in Straßburg für ein «Erdbeben» gesorgt.


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